Grenzübergänge

Seit der Gründung der DDR bis zu ihrem Verschwinden 1990 gab es zwischen West- und Ost-Berlin sowie zwischen West-Berlin und dem Umland zahlreiche Grenzübergänge. Bis zum Mauerbau war die Grenze innerhalb der Stadt relativ offen, an der Straßen standen zwar Polizisten, diese kontrollierten aber vor allem Fahrzeuge und auch mal die Taschen der Passanten.
Ab dem 13. August 1961 änderte sich das, die Zahl der Grenzübergangsstellen wurde massiv reduziert. Da es die ersten Jahre für Berliner praktisch keine Möglichkeit mehr gab, in den jeweils anderen Teil der Stadt zu kommen, reichten die wenigen Übergänge auch aus.
Hier werden nur die Grenzübergangsstellen beschrieben, die bis zum Mauerfall in Betrieb waren.

Bornholmer Straße
Auf der Bösebrücke sowie östlich davon befand sich der nördlichste innerstädische Grenzkontrollpunkt. Weltweit bekannt wurde er, weil er der erste war, der in der Nacht des Mauerfalls geöffnet wurde. Deshalb trägt das Grundstück neben der Straße heute den Namen „Platz des 9. November 1989“.
Dieser Grenzkontrollpunkt durfte von West-Berlinern nicht genutzt werden. Das besondere an diesem Übergang war, das er teilweise über den Gleisen der damaligen Reichsbahn lag – und diese ebenfalls getrennt waren: Kurz hinter dem alten Nordkreuz am Gesundbrunnen gelegen wurden nach der Teilung der Stadt die Schienennetze von Ost- und West-Berlin getrennt. Unter der Bösebrücke verliefen sie dann parallel – mit der Mauer dazwischen. Der ebenfalls unter der Brücke befindliche S-Bahnhof konnte nicht mehr genutzt werden.

Chausseestraße
Dies war ein richtiger Kiez-Grenzübergang, der die Bezirke Mitte und Wedding verband. Hier verlief die Grenze in einigem Zickzack, der Übergang lag in einer Ecke der Mauer. Noch im April 1989 wurde der Kontrollpunkt zum Schauplatz eines Fluchtversuchs. Zwei Männer hatten den Schlagbaum übersprungen und wollten in den Westen rennen. Grenzpolizisten stoppten sie aber mit Warnschüssen und konnten sie verhaften.

Invalidenstraße
Dieser Grenzkontrollpunkt diente vor allem als Übergang für DDR-Bürger, wenn sie denn das Land verlassen durften. Dort wurden aber auch unerwünschte Bürgern nach West-Berlin abgeschoben, so wie 1977 die Jenaer Liedermacher Pannach und Kunert sowie der Schriftsteller Jürgen Fuchs, sie alle gegen ihren Willen.
Der Übergang an der Sandkrugbrücke war auch Schauplatz mehrerer gescheiterter Fluchten. Nur neun Tage nach dem Mauerbau wurde wenige Meter neben der Brücke der junge Ost-Berliner Günter Litfin aus Weißensee erschossen. Er war das erste Maueropfer in Berlin. Zwei Jahre später versuchten 12 junge Männer und Frauen mit einem Autobus die Grenzsperren zu durchbrechen, was ihnen jedoch nicht gelang. Mehrere von ihnen wurden durch Schüsse verletzt.

Friedrichstraße
Auch mitten in den Bahnhof Friedrichstraße wurde ein Grenzübergang eingebaut. Praktisch war die gesamte Bahnhofsanlage geteilt, in einen Bereich auf Ost-Berliner Seite und einem vor den Kontrollen.
Die unten liegenden S- und U-Bahnhöfe gehörten noch zur „Westseite“. Hier hielten die Züge der West-Berliner Bahnen, die Ost-Berlin unterquerten und dort ansonsten an keiner anderen Station anhielten. Die oben liegende Bahnhofshalle war durch eine Stahlwand komplett in zwei Teile getrennt. In der nördlichen Halle hielt die Ost-Berliner S-Bahn, die dort Endstation hatte. Im südlichen Teil kam die Bahn, die zuvor im West-Berlin über die Stadtbahn gefahren ist und ihrerseits im Bahnhof Friedrichstraße endete.
Unter diesen Gleisen, mitten im Bahnhofsbauch, befanden sich die Kontrollen für die Ein- und Ausreise, aber auch Arrestzellen und Vernehmungsräume. Es war ein Labyrinth von Gängen angelegt worden, das die Orientierung erschwerte. Die Einreisenden verließen den Bahnhof auf der Südseite zur Georgenstraße hin. Wer die DDR verlassen wollte, betrat den sogenannten „Tränenpalast“ nördlich des Bahnhofs.
Über geheime Türen war es möglich, Agenten unauffällig von einer auf die andere Seite der Kontrollen zu schleusen. 1976 und 1978 konnten mehrere RAF-Terroristen über diesen Weg nach Ost-Berlin einreisen, 1979 nutzte sie aber auch der Stasi-Überläufer Werner Stiller zu seiner Flucht aus der DDR.

Checkpoint Charlie
Dies ist der wohl berühmteste Grenzübergang in Berlin. Hier fanden mehrere Fluchtversuche ihr Ende, in der Nähe verblutete der DDR-Bürger Peter Fechter.
Der Checkpoint Charlie war ein Ausländerübergang und wurde vor allem von den Alliierten genutzt. Dort fand auch die Konfrontation statt, bei der sich im Oktober 1961 US-amerikanische und sowjetische Panzer drohend gegenüberstanden. Vorausgegangen war eine Grenzkonfrontation von östlicher Seite, die einen westlichen Alliierten nicht unkontrolliert in den Ostsektor lassen wollten.
Der Checkpoint Charlie war auch Beobachtungspunkt der Geheimdienste. Während der KGB und die DDR-Staatssicherheit in einem Gebäude an der Ecke Friedrich- / Krausenstraße saßen und den damals freien Platz überschauen konnten, nutzte der US-Geheimdienst Räume über dem Café Adler an der Ecke zur Zimmerstraße.

Heinrich-Heine-Straße
Der Grenzübergang am Moritzplatz wurde vor allem für den Waren- und Postverkehr zwischen Ost- und West-Berlin genutzt.
1963 versuchten drei Männer mit einem LKW, die Sperren zu durchbrechen. Sie wurden jedoch beschossen und schwer verletzt. Zwar schafften sie es noch über die Grenze, der Fahrer starb aber noch vor Ort. Eine weitere Flucht zu Weihnachten 1965 endete ebenfalls tödlich.

Oberbaumbrücke
Die gesamte Brücke gehörte zum Grenzkontrollpunkt. Er war ausschließlich für Fußgänger gedacht und konnte auch nicht von Autos befahren werden.
An der Kreuzberger Seite stand die Mauer mit einem schmalen Durchlass sowie einem niedrigen Wachturm. Nach Friedrichshain hin war quer über die Straße das zweistöckige Kontrollgebäude errichtet worden.

Sonnenallee
Dieser Grenzübergang war nicht für Westdeutsche und West-Berliner nutzbar. Nur Ausländer, Alliierte und Diplomaten durften ihn passieren, sowie DDR-Bürger, die nach West-Berlin einreisten.

Waltersdorfer Chaussee
1963 eröffnet diente dieser Übergang vor allem dazu, von West-Berlin aus den Flughafen Schönefeld erreichen zu können. Außerdem durften West-Berliner Bürger ihn für Reisen in die DDR nutzen.

Lichtenrade / Mahlow
Der Grenzkontrollpunkt am Kirchhainer Damm war ausschließlich Müllfahrzeugen der BSR vorbehalten, für ihre Transporte von West-Berlin zur Deponie in Schöneiche.
Etwa einen Kilometer weiter westlich war noch für 1990 ein neuer Übergang für die Bevölkerung geplant, der aber nicht mehr realisiert wurde.

Dreilinden / Drewitz
Der Kontrollpunkt Dreilinden (auf DDR-Seite: Drewitz) war der wichtigste Übergang auf dem Transit zwischen West-Berlin und der Bundesrepublik. Er wurde erst 1969 eröffnet, vorher befand er sich weiter westlich. Der Name wurde von dort übernommen, denn eigentlich hätte er „Zehlendorf / Kleinmachnow“ heißen müssen.
Der reine Autobahnübergang hieß bei den West-Alliierten „Checkpoint Bravo“.

Dreilinden / Drewitz (alt)
Der alte Kontrollpunkt befand sich an und auf der Brücke über dem Teltowkanal neben Albrechts Teerofen. Da die Autobahn hier jedoch kurzzeitig zweimal zwischen West-Berlin und DDR-Gebiet wechselte, wurde der Übergang am 15. Oktober 1969 verlegt.

Wannsee / Griebnitzsee
Der Übergang Richtung Potsdam auf der Glienicker Brücke ist vor allem bekannt durch seinen dort stattgefundenen Austausch von Agenten der USA und der Sowjetunion. Er diente aber auch als Übergang für Angehörige der Militärverbindungsmissionen. Privatpersonen durften ihn nicht benutzen, so dass West-Berliner, die nach Potsdam wollten, einen großen Umweg machen mussten.

Heerstraße
Der Transitübergang zwischen West-Berlin und dem niedersächsischen Lauenburg war bis zum Jahresende 1987 in Betrieb. Da die Strecke in der DDR nicht über Autobahnen führte, durften sie auch Reisende mit Mopeds oder Fahrräder benutzen, sofern sie den Weg am selben Tag bewältigen konnten.

Heiligensee / Stolpe
Der Kontrollpunkt Heiligensee (auf DDR-Seite: Stolpe) ging im Dezember 1987 mit der Öffnung der Autobahn in Betrieb. Er diente als Ersatz für den gleichzeitig geschlossenen Übergang Heerstraße.

Andere
Neben all diesen regulären Grenzübergängen gab es noch einige, die eine spezielle Funktion erfüllten. Zum Beispiel der Kontrollpunkt Kohlhasenbrück, über den Bewohner der Exklave Steinstücken ihr Dorf erreichen konnten. Wer dort nicht wohnte, wurde auch nicht durchgelassen. Erst mit einem Gebietsaustausch wurde die Straße nach Steinstücken an das West-Berliner Gebiet angeschlossen und konnte ohne Kontrollen erreicht werden.
Das gleiche Problem existierte im Norden mit dem Übergang Bürgerablage, der zu den Exklaven Erlengrund und Fichtewiese führte. Hier wurde erst 1988 ein Gebietstausch vorgenommen und der Übergang abgebaut.
Weiterhin existierten Grenzbahnhöfe, auf denen eigene spezielle Kontrollen stattfanden. In Erinnerung sind die Hunde, die unter den Waggons nach eventuellen Flüchtlingen suchten. Neben der Friedrichstraße gab es die Grenzbahnhöfe Wannsee / Griebnitzsee, Spandau / Staaken sowie Neukölln / Treptow Güterbahnhof.
Nur zum Warenverkehr dienten die Wasser-Grenzübergangsstellen Teufelsseekanal / Hennigsdorf, Teltowkanal Dreilinden / Kleinmachnow (ab 1981) und Nedlitz/Jungfernsee sowie der Kontrollpunkt in der Spree an der Marschallbrücke.

Was viele schon vergessen haben: Nach dem Fall der Mauer 1989 existierten die Grenzübergangsstellen auch weiterhin. Zwar wurde ihre Zahl schnell erhöht, trotzdem musste man schon wenige Tage nach der Maueröffnung wieder seinen Ausweis zücken, wenn man die Grenze passieren wollte.

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