Neu-Venedig

Schon seit Goethes Zeiten übt Italien auf uns Deutsche einen besonderen Reiz aus. Erst recht, seit die Anreise per Autos unter die Alpen hindurch möglich ist, wenn auch anfangs nur für Westdeutsche. So wundert es nicht, dass wir hier einen Ortsteil namens Neu-Venedig finden.
Zu Venedig gehört Wasser, also legte man das neue Idyll 1924 direkt an der Spree an. Kanäle wundern durch ein Feuchtgebiet gezogen, das Land dazwischen trockengelegt. Zwar sind alle Grundstücke mit trockenem Fuß erreichbar, aber eben auch auf dem Wasserweg. Fast zu jedem Haus gehört eine Anlegestelle, manchmal nur ein Steg, oft ein kleiner Hafen. Wie unter einem Carport liegen Boote unter’m Holzdach, manch ein Besitzer hat seinem Gefährt ein ganzes Bootshaus spendiert. Und sogar richtige in die Villen eingebaute Bootsgaragen gibt es, dort wo die Besitzer mit ihrem Liebling gern unter einem Dach schlafen möchten.
Kommt man mit dem Auto nach Neu-Venedig, landet man erstmal auf dem Rialtoring. Die Hauptstraße ist nach dem über eintausend Jahre alten und wichtigsten Handelsplatz Venedigs benannt und durchquert das ganze Viertel. Leider haben die restlichen Straßennamen rein gar nichts mit Venedig oder Italien zu tun, eher mit der heimischen Fauna.
Als Besucher wird man aufmerksam beäugt. Vielleicht hat man hier schlechte Erfahrung gemacht mit „Fremden“, selbst in der einzigen Gaststätte am Ort wird man die ganze Zeit über beobachtet. Das schreckt ab und auf Dauer beruhigt auch der Hinweis nicht, dass es hier „in letzter Zeit viele Einbrüche gab“, man will trotzdem nicht als potenzieller Krimineller abgestempelt werden. Aber so ist das wohl auf dem Dorf, denn genau das ist Neu-Venedig: Ein Dorf als Teil der Kleinstadt Rahnsdorf.

print

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*