Man kennt es, nimmt es aber nicht wirklich wahr: Das Langenbeck-Virchow-Haus steht neben dem Bettenhochhaus der Charité in der Luisenstraße 58. Wie zu seiner Eröffnung vor genau 100 Jahren, dient es heute wieder medizinisch-verbandspolitischen Zwecken. Berühmt wurde es jedoch wegen seiner Funktion in den Nachkriegsjahren.
Den Krieg hatte das einst für die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie und die Berliner Medizinische Gesellschaft errichtete Gebäude gut überstanden. Nach 1945 wurde es zunächst von den sowjetischen Militärbehörden annektiert. Die Inneneinrichtung, Gemälde, Mobiliar und Technik wurden Beuteopfer. Die weit über 200.000 Bände umfassende Bibliothek wurde ebenfalls beschlagnahmt und abtransportiert.
Im November 1949 wurde das Gebäude den Behörden der neu gegründeten DDR übergeben. Da das Haus noch immer dem Langenbeck-Virchow-Gesellschaft gehörte, musste die DDR es zunächst von dem Verband pachten.
Ab November 1950 tagte hier die Volkskammer, das Parlament der DDR. Drei Jahre später enteigene die DDR-Regierung die Langenbeck-Virchow-Gesellschaft und überführte das Gebäude in sogenanntes Volkseigentum. Eine Entschädigung wurde nicht gezahlt.
26 Jahre lang diente das Haus als Parlamentsgebäude, bis die Volkskammer in den neu errichteten Palast der Republik umzog. 1953 und 1957 wurde hier der einzige DDR-Präsident Wilhelm Pieck gewählt. Am 18. Januar 1955 erfolgte dort die Ausrufung der Nationalen Volksarmee der DDR.
1976 übernahm die Akademie der Künste den Komplex, die ihn bis 1990 nutzte. In dieser Zeit versuchten Charité und Humboldt-Uni immer wieder, das Gebäude übertragen zu bekommen, was aber jedesmal abgelehnt wurde. Erst Anfang der 1990er Jahre konnte sie das Langenbeck-Virchow-Haus nutzen.
2003 urteilte jedoch das Verwaltungsgericht Berlin, dass die damalige Enteignung rückgängig gemacht werden müsse. Seit 2005 wird es nun wieder als “Haus der Medizin” genutzt. Es finden Tagungen, Seminare, Schulungen und Kongresse statt.
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