Waisen, Gesindel, Gefangene

Die ehemalige Haftanstalt Rummelsburg hat schon viele schlimme Schicksale gesehen. Dabei begann ihre Geschichte bereits vor über 300 Jahren. Um das Jahr 1700 herum richtete der Berliner Magistrat an der Stralauer Straße ein Heim ein, in dem „Waisenkinder, Kranke, Irre oder gar Unsinnige, andere Arme und sonstiges loses Gesindel“ untergebracht wurden. 150 Jahre später wurde es zu klein, so dass weit vor der Stadt ein neues Heim errichtet wurde.

1859 konnte die neue „Waisenanstalt“ in Rummelsburg eröffnet werden. Es bestand aus pavillonartigen Einzelgebäuden, eingebunden in einen Park, direkt an der Rummelsburger Bucht. Angeschlossen wurden auch ein Krankenhaus, eine Kirche, Heizhaus sowie ein Wasserturm. Hunderte Jungen und Mädchen konnten hier untergebracht und hygienisch angemessen versorgt werden. Sogar eine Berufsausbildung wurde vielen von ihnen ermöglicht. Aber es gab ab 1880 auch das geschlossene Arbeitslager für 500 Jungen.
Schon damals nutzte man eines der Gebäude als Strafhaus, daraus entwickelte sich mit den Jahren ein eigenes Gefängnis. Während der Nazizeit wurden hier Obdachlose, „psychisch Abwegige“ und Schwule eingesperrt. Von hier gingen auch Deportationen sogenannter „Asozialer“ in Konzentrationslager ab. Während des Kriegs wurden mehrere Gebäude beschädigt oder zerstört. Von der ehemaligen Waisenanstalt blieben nur die beiden heute noch erhaltenen Häuser direkt am Ufer stehen und wurden bis 1949 als Waisenhaus genutzt.

1960 zogen dann die Grenztruppen der DDR in die Gebäude ein, die für die Kontrolle des Wasserabschnitts bis zum Kreuzberger Ufer verantwortlich waren.
Im eigentlichen Gefängnis waren es zu DDR-Zeiten  viele politische Gefangene, die „nach Rummelsburg“ kamen. Bis zu sechs Gefangene haben sich eine 14-Quadratmeter-Zelle teilen müssen. Ebenfalls hier eingesperrt wurden westdeutsche Fluchthelfer, die man erwischt hatte. Rund um die Proteste zum 40. Republik-Geburtstag transportierte die Volkspolizei die Verhafteten in etlichen LKWs hier her.
Unmittelbar nach der Wiedervereinigung im Oktober 1990 wurde die Strafanstalt geschlossen, fast alle Häftlinge wurden entlassen. Außerdem waren die baulichen Verhältnisse nicht mehr tragbar.

Nach Jahren des Leerstands und dem Abriss einiger Häuser sind die übrig gebliebenen nach und nach zu Wohngebäuden umgebaut wurden. Sie erhielten Balkons und wurden dann teuer verkauft. Und auch die ehemaligen Waisenhäuser wurden saniert. An die einstige Nutzung erinnert noch der Straßenname: An den Knabenhäusern.

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