Schlafmütze

Der Verdienst im Taxi ist nicht so toll und den Mindestlohn zahlt in Berlin so gut wie kein Taxibetrieb. So einige Kollegen verdienen sich deshalb woanders noch etwas dazu. Wer dazu keine Gelegenheit hat oder es nicht will, arbeitet entsprechend länger. Auch wenn es nicht erlaubt ist, so ist mancher Taxifahrer 10 oder auch 15 Stunden am Stück unterwegs. Nachts kommt es deshalb immer wieder vor, dass Kollegen am Halteplatz einschlafen. Das ist für die dahinter stehenden nervig, wenn die vorderen Taxen losfahren und der Kollege schlafend stehen bleibt. Manchmal weckt man ihn, manchmal fährt man auch an ihm vorbei und stellt sich davor. Das ist nicht die feine Art, aber wenn der Kollege seinen Schlaf braucht, soll er ihn haben. Das ist vermutlich auch für die Fahrgäste besser.

Als vor Kurzem am Bahnhof Wannsee eine Dame von der S-Bahn kam, ging sie zum ersten Taxi an der Halte. Es war aber verschlossen, obwohl der Kollege drin saß. Deshalb stieg sie bei mir ein. Sie sagt, dass er den Sitz nach hinten gestellt hätte und schlief. Wir waren nicht lange unterwegs, um diese Zeit ist man schnell in Kohlhasenbrück. Als ich zurückkehrte, stand der Wagen immer noch da, der Kollege putzte gerade die Scheiben. Er kam sofort auf mich zu und pöbelte mich an, ich hätte ihm den Fahrgast geklaut. Natürlich versuchte ich ihm zu erklären, dass sie ihn nicht wecken wollte, auch weil sie Angst hatte, mit einem übermüdeten Taxifahrer zu fahren. Aber das ließ er nicht gelten. Dann stieg er ein und gab Ruhe.

Nur wenige Minuten später ein Déjà-vu, die gleiche Situation wie zuvor. S-Bahn kommt an, Frau geht auf das vordere Taxi zu, schaut rein, steigt schließlich bei mir ein. Wieder schlief der Kollege in seinem Wagen. Diesmal ging es nach Kleinmachnow, aber auf dem Rückweg fuhr ich nicht mehr zum Bahnhof Wannsee. Die Schlafmüze hätte mir vermutlich den Kopf abgerissen.

Natürlich ist es traurig, dass Kollegen wirklich bis zum Einschlafen arbeiten. Aber man sollte Feierabend machen, wenn man seinen Schlaf nicht mehr unter Kontrolle hat.

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1 Kommentar

  1. Unabhängig von der Problematik der Übermüdung am Steuer: Und wenn er nicht geschlafen hätte, dann hätte der Fahrgast immer noch freie Taxiwahl und hätte mit dir anstatt mit ihm fahren können, ohne dass er dir vorwerfen könnte, ihm die Fahrt „geklaut“ zu haben…

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