Die AVUS

AVUS-Nordkurve 1955

Die AVUS ist das südli­che Auto­bahn-Tor nach Berlin. Doch sie ist nicht nur einfach eine von vielen Auto­bah­nen, sondern blickt auf eine inter­es­sante Geschichte zurück. Berühmt wurde sie ab den 20er Jahren durch die Renn­sport­ver­an­stal­tun­gen.

Moti­viert durch deut­sche Miss­erfolge bei Auto­mo­bil-Renn­sport­ver­an­stal­tun­gen wurde im Jahre 1909 die Auto­mo­bil-Verkehrs- und Übungs­straße GmbH gegrün­det, mit dem Ziel, die Wett­be­werbs­fä­hig­keit der deut­schen Auto­mo­bil­in­dus­trie zu fördern. Nach Umwand­lung in eine Akti­en­ge­sell­schaft began­nen 1913 die Arbei­ten für eine nur für Autos zuge­las­sene Straße entlang der Wetz­la­rer Bahn von Char­lot­ten­burg nach Niko­las­see.
Wegen des Ersten Welt­krie­ges wurden die Arbei­ten 1914 kurz vor der Fertig­stel­lung einge­stellt. Erst im Jahre 1921 wurde die Renn­stre­cke durch private Inves­ti­tio­nen von Hugo Stin­nes voll­endet und am 24. Septem­ber 1921 eröff­net. Die gerad­li­nige Renn­stre­cke verband die Nord­kurve (Halen­see, Char­lot­ten­burg) mit der bei Niko­las­see gele­ge­nen Südkurve zu einem ca. 19 km langen Rund­kurs. Nach der Eröff­nung wurde die Stre­cke für den priva­ten Verkehr frei­ge­ge­ben. Ein einma­li­ges Durch­fah­ren kostete die statt­li­che Summe von 10 Mark, eine Vier­tel­jah­res­karte 1000 Mark.
Bereits beim Eröff­nungs­ren­nen zeig­ten sich auf mangelnde Erfah­rung im Fahr­bahn­auf­bau zurück­zu­füh­rende Defi­zite der Stre­cke. In den Folge­jah­ren wurden wegen der mit der Infla­tion einher­ge­hen­den wirt­schaft­li­chen Not mobile Teile von der notlei­den­den Bevöl­ke­rung demon­tiert und verkauft oder verheizt.

Im Jahr 1926 fand mit dem ersten Großer Preis von Deutsch­land wieder ein großes Auto­rennen statt, bei dem aufgrund widri­ger Witte­rungs­be­din­gun­gen und des schlech­ten Stre­cken­zu­stands vier Todes­op­fer zu bekla­gen waren. Neben mangeln­der Grif­fig­keit des Belags hatte die Stre­cke aufgrund des tradi­tio­nel­len Fahr­bahn­auf­baus bei mangeln­der Verdich­tung des Unter­grunds Boden­wel­len mit bis zu 10 cm Höhe. In den folgen­den Jahren wurde die AVUS nun auch Versuchs­stre­cke für Stra­ßen­bau, auf der viele Elemente des heuti­gen Stra­ßen­baus erst­mals getes­tet wurden. Der Renn­be­trieb kam infolge einer Absatz­krise der deut­schen Auto­mo­bil­in­dus­trie Mitte der 20er Jahre und der darauf folgen­den Welt­wirt­schafts­krise weit­ge­hend zum erlie­gen. Er wurde erst Anfang der 30er Jahre wieder regel­mä­ßig aufge­nom­men.

Um die Runden­ge­schwin­dig­kei­ten zu erhö­hen und um Platz für die heutige Halen­see­straße zu gewin­nen wurde die alte Nord­kurve 1937 durch eine über­höhte, bis zu 44° steile, aus Back­stei­nen gemau­erte Steil­kurve mit einem wesent­lich gerin­ge­ren Radius ersetzt. Das nun jenseits der Halen­see­straße gele­gene Verwal­tungs­ge­bäude wurde durch ein neues Gebäude mit einem Ziel­rich­ter­turm am Ausgang der Nord­kurve ersetzt. Dieses dient heute als Motel. Gleich­zei­tig wurde eine neue Tribü­nen­an­lage errich­tet.
Der Anschluss zum Berli­ner Ring wurde 1940 für den Verkehr frei­ge­ge­ben, wodurch die AVUS als Zubrin­ger endgül­tig ihren Privat­stra­ßen­cha­rak­ter verlor. Die auf dem Gelände der Tank­stelle an der Ausfahrt Spani­sche Allee gele­gene Südkurve wurde danach deswe­gen gesperrt. Eine projek­tierte über­höhte Südkehre konnte wegen des Zwei­ten Welt­krie­ges nicht voll­endet werden, der bereits aufge­schüt­tete Wall wurde nach dem Krieg von der ameri­ka­ni­schen Besat­zungs­macht als Schieß­platz genutzt. Ersatz­weise wurde nun die Motor­rad­kurve am Hütten­weg zur Südkehre, wodurch sich die Renn­stre­cke auf eine Länge von 8,3 km verkürzte.

Vom Kriegs­ge­sche­hen im Zwei­ten Welt­krieg blieb die AVUS nicht ganz verschont. Das stark beschä­digte Nord­tor wurde bald nach dem Krieg abge­ris­sen. Da die Benut­zung nun kosten­frei war, hatte es ohne­hin seine Funk­tion verlo­ren. Nach­dem in den ersten Nach­kriegs­jah­ren nicht an einen Renn­be­trieb zu denken war, wurde nach Ausbes­se­rung der gröbs­ten Schä­den bereits 1951 das erste Rennen gestar­tet. Die über­höhte Nord­kurve erwies sich jedoch weiter­hin als bestän­dige Gefah­ren­quelle mit spek­ta­ku­lä­ren Unfäl­len, von denen einige tödlich ende­ten.
Im Jahre 1959 fand der Große Preis von Deutsch­land anstatt wie bisher am Nürburg­ring auf der AVUS statt. Das F1-Rennen gewann Tony Brooks auf Ferrari. Im Sport­wa­gen­ren­nen starb jedoch der Vorjah­res­sie­ger Jean Behra, als sein Porsche 718 im Regen über die Steil­wand­kurve rutschte und mit dem Podest einer ehema­li­gen FLAK-Stel­lung kolli­dierte. Einen ähnlich spek­ta­ku­lä­ren Unfall hatte Richard von Fran­ken­berg 1956 unver­letzt über­stan­den, der aus seinem Wagen geschleu­dert wurde, bevor dieser auf einem Park­platz hinter der Nord­kurve aufschlug und in Flam­men aufging.
Damit war die große Zeit der Grand-Prix-Rennen auf der AVUS vorbei. Der Schock saß so tief, dass drei Jahre lang über­haupt keine Auto­rennen auf der AVUS ausge­tra­gen wurden.
Da Steil­kur­ven von der Motor­sport­be­hörde der FIA gene­rell als gefähr­lich und nicht mehr zeit­ge­mäß einge­stuft wurden, riss man die über­höhte Nord­kurve 1967 ab, um sie erneut durch eine flache Nord­kurve zu erset­zen, die mit dem Platz­be­darf des neuen Auto­bahn­drei­ecks am Funk­turm verträg­li­cher war. Trotz­dem gab es noch schwere Unfälle. So über­querte in der Deut­sche Touren­wa­gen-Meis­ter­schaft der BMW M3 von Dieter Ques­ter einmal funken­sprü­hend die Ziel­li­nie auf dem Dach, was noch für den drit­ten Platz reichte.

Mit dem zuneh­men­den Indi­vi­du­al­ver­kehr wurden Sper­run­gen der AVUS für Renn­sport­ver­an­stal­tun­gen proble­ma­ti­scher, da sie für den Trai­nings­be­trieb schon vor den Renn­ta­gen am Wochen­ende gesperrt werden musste. Der gerad­li­nige Hoch­ge­schwin­dig­keits­kurs entsprach nicht mehr den Anfor­de­run­gen des Renn­sports und wurde mehr­mals verkürzt.
Nach der Öffnung der Berli­ner Mauer 1989 und dem damit noch einmal anstei­gen­den Verkehr von der Innen­stadt zum Berli­ner Ring nahte daher das endgül­tige Ende des Renn­be­triebs auf der AVUS. Obwohl noch versucht wurde, die Stre­cke durch Verkür­zung und Einrich­tung von Schi­ka­nen zu entschär­fen und für das Publi­kum inter­es­san­ter zu gestal­ten, wurde der Renn­be­trieb 1998 schließ­lich komplett einge­stellt.

Als kurios gilt der Bereich der Anschluss­stelle Hütten­weg, denn in diesem Bereich weist die ansons­ten gerade AVUS eine (aus nörd­li­cher Rich­tung kommend) leichte Rechts­kurve auf. Schaut man sich dage­gen Stadt­pläne an, so ist diese Kurve, die vom Funk­turm aus zu erken­nen ist, dort nicht verzeich­net. Der histo­ri­sche Ursprung für diese den Tatsa­chen nicht entspre­chende Darstel­lung ist bis heute nicht geklärt. An dieser Anschluss­stelle wurden übri­gens auch Szenen einer Verfol­gungs­jagd für den James Bond-Film Octo­pussy gedreht.

Quelle: u.a. Wiki­pe­dia

Foto: Brodde, Bundes­ar­chiv, B 145 Bild-F003014-0010 / Brodde / CC-BY-SA 3.0

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