Der Wedding, das war die Acker­straße. Und die Acker­straße, das war “Meyer’s Hof”. Ende der 20-er und Anfang der 30-er Jahre des 20. Jahr­hun­derts wurde er im ganzen Land bekannt als beson­ders abscheu­li­ches Beispiel von Ausbeu­tung der Menschen ohne jede Rück­sicht auf deren Bedürf­nisse, Gesund­heit oder Leben. Bis zu 2.000 Menschen lebten zeit­weise in diesem Komplex Acker­straße 132/133. Zusam­men­ge­pfercht, krank, verzwei­felt und oft in den Selbst­mord getrie­ben. Meyer’s Hof war das beste Beispiel des Elends des Prole­ta­ri­ats. Und doch war dies nur ein Ausschnitt aus der Geschichte dieses Hauses, das vorher mehr als eine Gene­ra­tion lang ganz anders beur­teilt wurde.
Meyer’s Hof nimmt in diesem Buch beson­ders viel Platz ein, weil er hundert Jahre lang für die Entwick­lung in der Acker­straße und dem Wedding stand. Trotz­dem war dieser Komplex in den verschie­de­nen Zeiten kras­ser, als es der Rest des Weddings war. Dies ist aber vor allem aus seiner Größe zu erklä­ren, denn ansons­ten war er nur ein Wohn­haus unter vielen, mit den selben Proble­men und Entwick­lun­gen.
Meyer’s Hof: Ein fünf­ge­schos­si­ges Vorder­haus über die Breite zweier Wohn­häu­ser. Erdge­schoss, vier weitere Etagen. Dahin­ter: Fünf ebenso große Qier­ge­bäude, zwölf Meter tief, jeweils im Abstand von zehn Metern, zeit­weise mit Keller­woh­nun­gen. Das sechste Quer­ge­bäude war nied­ri­ger. Die Hinter­häu­ser hatten in der Mitte eine Tordurch­fahrt, davon gingen auf beiden Seiten die Trep­pen­häu­ser ab.
Meyer’s Hof war über die hundert Jahre seines Bestehens keine konstante Einheit, sondern hat sich verän­dert. Die folgende Vorstel­lung von Meyer’s Hof ist deshalb auch in mehrere Teile zeit­lich geglie­dert, weil dadurch die unter­schied­li­che Entwick­lung in den verschie­de­nen Zeit­ab­schnit­ten deut­li­cher gemacht wird. Am Ende des ersten Kapi­tels, das die ersten 35 Jahre beleuch­tet, ist eine Chro­nik ange­fügt.
Bei der Vorstel­lung von Meyer’s Hof wird beson­ders viel Wert darauf gelegt, die Zeit­ge­nos­sen selber zu Wort kommen zu lassen. Deshalb gibt es manch­mal mehrere Seiten nur Zitate, die aber die Verhält­nisse wohl am besten ausdrü­cken.

weiter »

Schreibe den ersten Kommentar

Hier kannst Du kommentieren

Deine Mailadresse ist nicht offen sichtbar.


*