Schon wenn man die Bernauer Straße über­quert hat, sieht man, was mit “Klein­stadt Acker­straße” gemeint ist. Manche nennen diesen Teil der Straße auch “Schlaf­stadt”: An beiden Enden durch Sack­gas­sen begrenzt, dazwi­schen ruhige Wohn­blocks, Alten­heime und sowas wie ein Markt­platz geben der “oberen Acker­straße” tatsäch­lich den Touch einer Klein­stadt. Für die hier leben­den Menschen muss das gar nicht nega­tiv klin­gen, ist auch nicht so gemeint.
Bevor man die Acker­straße von der Bernauer aus betritt, sollte man sich noch das Laza­rus-Kran­ken- und Diako­nis­sen­haus anse­hen. Neben der neuen Versöh­nungs­kir­che kommt man zuerst zum alten Haupt­ge­bäude des Laza­rus, mit der alten Kapelle. Ein Stück weiter befin­det sich das 1993 erbaute Kran­ken­heim, in dem 260 Menschen gepflegt und betreut werden. In diesem Heim haben die Kran­ken eine feste Wohnung mit Ein- oder Zwei­bett-Zimmern gefun­den und können auch — anders als in Kran­ken­häu­sern — jeder­zeit Besuch empfan­gen. Im Haus gibt es ein Cafe, ein Buch­la­den und einen Kiosk, im Block­in­ne­ren wurde ein Park ange­legt. Neben dem Kran­ken­heim, dem Kran­ken­haus und dem Diako­nis­sen­haus gibt es im Laza­rus auch ein ambu­lan­tes Hospiz, aber der Förder­ver­ein des Laza­rus versucht, ein “rich­ti­ges”, also statio­nä­res Hospiz einzu­rich­ten. Dort soll unheil­bar Kran­ken, Ster­ben­den und deren Ange­hö­ri­gen Hilfe ange­bo­ten werden und ihnen die Möglich­keit gege­ben werden, die letz­ten Tage dort zu verbrin­gen.

Zurück zur Acker­straße. Vor uns liegen jetzt nur noch Neubau­ten, das Ergeb­nis der Weddin­ger Kahl­schlag­sa­nie­rung in den 70-er Jahren. Gleich links zwei Alten­heime, doch der ange­brachte Name “Schrip­pen­kir­che” täuscht. An dieser Stelle befin­det sich nur das Ersatz­ge­lände, die alte Schrip­pen­kir­che stand ein Stück weiter auf der rech­ten Stra­ßen­seite. Von hier aus kann man meis­tens mitten auf der Straße gehen, da hier nur selten Autos fahren. Von der Stra­ßen­mitte aus hat man auch den schöns­ten Blick in die Straße. Auf der Höhe des Wilhelm-Zermin-Weges befin­den sich links die Acker­straße 132 und 133. Heute ist es nur noch schwer vorstell­bar, dass hier einst Meyer’s Hof stand. Schräg gegen­über, am Haus Acker­straße 52, hängt die Gedenk­ta­fel für Chris­tian Liebich, Grün­der der Schrip­pen­kir­che, die sich an dieser Stelle befand.
Auf der linken Seite der Acker­straße kommt dann die Ernst-Reuter-Sied­lung oder das, was in den Jahren davon übrig geblie­ben ist. Der Glanz von früher ist verschwun­den, rostig und teil­weise verbo­gen hängt der Name der Sied­lung an einer Haus­wand, Reuters Büste steht versteckt und schmut­zig wie in die Ecke gestellt. Dies war mal die Vorzei­ge­sied­lung des west­ber­li­ner Wohnungs­baus? Aber die Zeiten haben sich eben geän­dert. Nur die Wasser­pumpe “Nr. 93” zeugt davon, dass diese Stelle schon eini­gen Wandel erlebt hat.
An der Kneipe “Am Garten­platz” beginnt der Markt­platz, hier sind Kauf­halle, Bäcke­rei, Zeitungs­la­den, Apotheke, Droge­rie und manch­mal auch noch der Markt. Man trifft sich auf dem Platz, im Sommer sitzt man an den Tischen vor der Kneipe oder auf den großen Blumen­kü­beln. Hier ist das “Zentrum” der Klein­stadt.
Vorbei an einem der letz­ten gußei­ser­nen Klohäus­chen kommen wir nach 50 Metern zum Garten­platz mit der St. Sebas­tian-Kirche und dem klei­nen Park. In dieser Kirche wurde am 16. Novem­ber 1943 der Domprobst Prälat Lich­ten­berg aufge­bahrt, bevor er auf dem nahen Hedwigs­fried­hof in der Liesen­straße beer­digt wurde. Lich­ten­berg galt als Hitler­geg­ner und wurde 1996 vom Pabst in Berlin heilig gespro­chen.
Nur einige Tage nach der Trau­er­feier, in der Nacht zum 23. Novem­ber 1943, trafen etwa 20 Brand­bom­ben die Kirche, das Gebäude brannte drei Tage lang bis auf die Grund­mauer ab.
Auf der rech­ten Seite der Straße die alte AEG-Appa­ra­te­fa­brik. Heute wird das Gebäude von der Tech­ni­schen Univer­si­tät genutzt. Wer wochen­tags hier herkommt, sollte ruhig mal mutig durch die Durch­fahrt ins Block­in­nere gehen und sich den Komplex genauer anschauen.

Hinter’m Garten­platz wird die Acker­straße wieder zur Sack­gasse. Die Bebau­ung auf der rech­ten Seite hat die Abriss­wut der 70-er Jahre über­stan­den, auch wenn hier schon Lücken geris­sen sind. Neben eini­gen alten Wohn­häu­sern und der Kneipe “Acker-Stübl” haben sich hier mehrere Firmen nieder­ge­las­sen. Das letzte Haus auf der rech­ten Seite, die Acker­straße 94, ist in diesem Teil das letzte Zeug­nis der Erst­be­bau­ung. Es stammt von1956 und gehörte ursprüng­lich zur Eisen­gie­ße­rei Schwartz­kopff, dessen Fabrik sich an dieser Ecke und dann rechts in den Block hinein befand.
An diesem Ende der Acker­straße steht man nun direkt vor der Schwind­sucht­brü­cke, der Verlän­ge­rung des Gelän­des vom Stet­ti­ner Bahn­hof. Von schräg links kommt auch die Garten­straße auf diesen Platz, der keinen eige­nen Namen hat. Von hier aus hat man nun die Möglich­kei­ten, den Spazier­gang entwe­der zu been­den oder noch in Rich­tung Osten weiter­zu­füh­ren. Inter­es­sant ist es, rechts die Sche­ring­straße hoch­zu­ge­hen, am ehema­li­gen Gelände von Schwartz­kopff vorbei. Man kommt direkt an das große ehema­lige AEG-Werks­ge­lände und kann es auch gleich hinter der Kreu­zung betre­ten. Wenn man dort quer durch den Komplex geht, verlässt man in der Volta­straße das Gelände wieder und geht links runter zum U‑Bahnhof Volta­straße (U8) .Das Gelände ist aber nur inner­halb der Woche zugäng­lich.
Man kann aber von der Schwind­sucht­brü­cke aus zurück zum Garten­platz, dort fahrt ein Bus zur U‑Bahn; oder man geht links in die Liesen­straße, vorbei am St.-Hedwigs-Friedhof, bis zum U‑Bahnhof Schwartz­kopff­straße (U6).

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