Im spit­zen Winkel zur Brun­nen­straße geht am Rosen­tha­ler Platz der Wein­bergs­weg in Rich­tung Norden ab. Wer dort hoch läuft und seine Schritte nach etwa 200 Metern links durch den Park lenkt, kommt dann auf der ande­ren Seite an der Brun­nen­straße oder der Vete­ra­nen­straße heraus. Dieser Ort, an dem heute der »Volks­park am Wein­berg« liegt, hat eine sehr lange und wech­sel­volle Geschichte.

Vom Rosen­tha­ler Tor erstreck­ten sich im 18. Jahr­hun­dert die »Berli­ner Wein­berge« bis zum Lands­ber­ger Tor. Doch es sind nicht wirk­li­che Berge, sondern der nörd­li­che Rand des Urstrom­tals, das sich quer durch Berlin zieht. Offen­bar liefen die Geschäfte nicht so gut, denn die Wein­berge wurden ein ums andere Mal verkauft. Der strenge Winter 1740 vernich­tete zudem den gesam­ten Reben­be­stand, so dass darauf­hin auf dem Gelände ein großer Obst­gar­ten ange­legt wurde. 1763 erstand der könig­li­che Hoflie­fe­rant Karl Fried­rich Mollard die Berge in einer Zwangs­ver­stei­ge­rung. Mollard errich­tete auf dem oberen Teil eine soge­nannte Kaffee­wirt­schaft, die bei den Berli­nern sehr beliebt und deshalb gut besucht war. Zu dieser Wirt­schaft führte ein Hohl­weg, der heutige Wein­bergs­weg.

1801 kaufte die Fami­lie Wollank das Gelände und baute sich dort oben eine Villa, die jedoch den letz­ten Krieg nicht über­lebte. Nur das Gärt­ner­haus ist heute davon noch übrig. Wollank besaß zu diesem Zeit­punkt bereits viele Grund­stü­cke außer­halb der Stadt, mit denen er sich eine goldene Nase verdient hatte. Nach seinem Tod wurde 1832 der Weg an der Stadt­mauer zwischen dem Rosen­tha­ler und dem Schön­hau­ser Tor nach ihm benannt. Später folg­ten Umbe­nen­nun­gen in Loth­rin­ger Straße, dann Wilhelm-Pieck- und schließ­lich Torstraße.
Mitte des 19. Jahr­hun­derts wurde der west­li­che Teil des Wein­bergs, also der an der Brun­nen­straße gele­gene, bebaut. Auf dem alten Wollank­schen Guts­ge­lände am Wein­bergs­weg wirkte später in ihrer Thea­ter­gast­stätte das Berli­ner Origi­nal Mutter Gräbert, wie die Berli­ner sie nann­ten. Als »Frau Thea­ter­di­rek­tor« betrieb sie mit oft sarkas­ti­schen Mitteln ihr Volks­thea­ter. Wie auch Wollank liegt Mutter Gräbert auf dem Elisa­beth-Fried­hof in der Acker­straße begra­ben.

Hier am Wein­bergs­weg entstand, gegen­über der Zehde­ni­cker Straße, das berühmte Walhalla-Thea­ter, das eine Zeit lang von der Fami­lie Rose neben ihrem Rosen­thea­ter in der Frank­fur­ter Allee gelei­tet wurde. Im dane­ben liegen­den Tunnel errich­tete viele Jahre später Erich Carow 1927 seine »Lach­bühne« und konnte dort große Erfolge feiern. Leider sind das Walhalla-Thea­ter wie auch Carows Lach­bühne im Krieg zerstört worden. Das gilt auch für das »Israe­li­ti­sche Waisen­haus«, an dessen Stelle sich heute das »Senio­ren­heim am Wein­bergs­weg« befin­det.
Nach­dem die Kriegs­trüm­mer besei­tigt wurden, began­nen 1954 unter der Führung des »Natio­na­len Aufbau­wer­kes« zahl­rei­che Bürger, den heuti­gen Volks­park anzu­le­gen. Inner­halb von zwei Jahren entstand diese Anlage, von deren dama­li­gem Stolz aber heute nichts mehr übrig ist. Der Rasen ist zerstört und wurde zum Hunde­klo, der Rosen­gar­ten ist verwelkt, der ehema­lige Gold­fisch­teich wurde Müll­kippe und Hunde­bad, und das Park-Café hat heute nur noch so viel Charme wie ein Stra­ßen­im­biss.

Da kann auch Hein­rich Heine von seinem Sockel aus nicht mehr trös­ten: Das von Walde­mar Grzimek geschaf­fene Denk­mal an der Vete­ra­nen­straße wurde Opfer von Leuten, die die Arbeit ande­rer Menschen verach­ten und sie mit ihren Sprüh­do­sen zerstö­ren. Aber auch schon vorher war es bei manchen nicht beliebt. Ursprüng­lich war nämlich gedacht, dieses Denk­mal zum 100. Todes­jahr des Dich­ters, 1956, vor dem Maxim-Gorki-Thea­ter aufzu­stel­len. Aber wie so oft, prall­ten die verschie­de­nen Inter­es­sen aufein­an­der und einige mäch­tige Kultur­funk­tio­näre setz­ten sich durch: Wenn schon ein Denk­mal des jungen Heine in der Haupt­stadt der DDR, dann nicht an so expo­nier­ter Stelle, sondern dezent versteckt, wie eben hier im Wein­berg­spark. Denn obwohl Grzimek seinen ursprüng­li­chen Entwurf noch über­ar­bei­tet hatte, galt er offen­bar immer noch nicht als »kämp­fe­risch« genug… Zumin­dest ist er heute aber sehr beliebt — als Klet­ter­ob­jekt für die Kinder der Umge­bung.

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