Man konnte nirgends billi­ger leben als dort in dieser Gegend, denn die Preise wurden ja sozu­sa­gen von der armen Bevöl­ke­rung, von mehre­ren hundert­tau­send Menschen diktiert. Es war die Zeit der Infla­tion. Nach Möglich­keit habe ich dort in unmit­tel­ba­rer Umge­bung vom Gesund­brun­nen einge­kauft. Da gab’s so Kaffee­stu­ben, nicht auf dem Bahn­steig, außer­halb auf den Stra­ßen. Das waren Bret­ter­bruch­bu­den, in der Mitte stand ein eiser­ner Ofen, und man konnte einen Topp Kaffee krie­gen, so eine massive, dick­wan­dige Tasse von der ZEG, der Zentral-Einkaufs-Gesell­schaft. Da kostete die Tasse voll Kaffee 5 oder 10 Pfen­nig. Milch konn­ten Sie nehmen, soviel Sie woll­ten, Zucker auch. Also man saß da im Warmen und trank den Topp leer.

Wir gingen damals unter ande­rem auf die Höfe singen. Um den Gesund­brun­nen, Acker­straße, um den Stet­ti­ner Bahn­hof, den Admi­rals­platz rum. Da gab’s die Haller-Revuen: »Drun­ter und Drüber«, »An und aus«, »Schön und Schick«, so hießen die. Die haben wir dann gesun­gen, auf den Höfen. Und dann wurden manch­mal Stul­len runter­ge­schmis­sen oder ein halber Napf­ku­chen vom Geburts­tag her, oder so was. 1921, ich war damals 19 Jahre alt, Und wir hatten dann die Stul­len und den Napf­ku­chen ausge­packt und zu dem Kaffee gefres­sen. Das war eine üppige Zeit, das sag ich Ihnen46

… Je ärmer die Gegend, desto mehr brachte sie. Ein Jahr lang haben wir das gemacht, bis wir von der Poli­zei aufge­grif­fen wurden wegen Bettelns, denn das war verbo­ten.

Musi­ker, geb. 1902

Die »Licht­burg« am Gesund­brun­nen, das war für uns immer ein netter Treff­punkt. Das war ein runder Bau, ein Rondell, da war unten Kino drin, Café drin, alles drin, und da gingen wir Jugend­li­chen immer hinein. Das war einfach herr­lich für uns sonn­tags. Dann war der Humboldt­hain, den haben wir auch Maß genom­men, da haben wir uns dann als Rowdys benom­men, Räuber und Gendarm gespielt und uns versteckt, später kam dann der Bunker dahin, das war ja auch nicht gerade das Schönste, aber der hat uns dann das Leben geret­tet. In den vier­zi­ger Jahren muss der einge­rich­tet sein.

Tröd­le­rin, geb. 1911

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