Jeder Taxi­fah­rer, dem Sie das als Fahrt­ziel nennen, wird Sie fragend anschauen, aber Sie sicher nicht auto­ma­tisch in die Brun­nen­straße fahren.
Nein, die »gute alte Zeit« — in der Brun­nen­straße liegt sie schon 60 bis 70 Jahre zurück. Die alte Pracht ist nur noch an weni­gen Stel­len zu erah­nen, wie am Kauf­haus Jandorf, das seinen Stand­ort vertei­digt, obwohl seine Zeit schon lange vorbei ist. Wie ein alter Mensch, der nicht mehr gebraucht wird, den niemand mehr will, der aber trotz­dem noch da ist und sich nicht über­flüs­sig fühlen möchte.
Das Kauf­haus steht da als Mahn­mal gegen den Verfall der Brun­nen­straße, weil es doch genauso aussieht wie sie: Leer, verkom­men, verges­sen. Man könnte noch was daraus machen, so wie auch in den Neben­stra­ßen wieder Leben einge­zo­gen ist.

In der Brun­nen­straße ist heute kein Leben, aber ist sie deshalb tot? Der Rosen­tha­ler Platz kommt in keiner Stunde zur Ruhe, dem Bahn­hof Gesund­brun­nen stehen noch hekti­sche Zeiten bevor, wenn er erst­mal ein Fern­bahn­hof ist. Aber dazwi­schen reihen sich die leeren Schau­fens­ter anein­an­der, »Straße der Hoff­nungs­lo­sig­keit« heißt der aktu­elle Film und kaum jemand glaubt an ein Happy End.

Wird die Brun­nen­straße zum reinen Verbin­dungs­weg zwischen Nord und Süd degra­diert, zur Zubrin­ger-Schnell­straße, mit Leit­plan­ken an den Seiten, die Fens­ter im Erdge­schoss zuge­mau­ert, um Anwoh­ner-Proteste gegen Lärm und Dreck zu verhin­dern? Oder rafft sie sich auf, gibt sie sich Mühe, sich wieder attrak­ti­ver zu präsen­tie­ren? Mehr Grün, mehr Kultur, mehr inter­es­sante Stel­len?
Heute, im Winter 2001, gibt es ein paar, nur ganz wenige Ansätze, den Weg zwischen Rosen­tha­ler Platz und Gesund­brun­nen inter­es­san­ter zu machen: Das kleine Puppen­thea­ter, der Hexen­shop, das Quar­tiers-Manage­ment, ein Inter­net-Cafe, ein paar Bars — die Stim­mung eines Kiezes wird von vielen Fakto­ren bestimmt. Aber bis es so weit ist, dass man einfach mal zur Brun­nen­straße geht, um »mal zu kucken«, bis dahin dauert es sicher noch eine Weile. Aber es ist einen Versuch wert, und die Straße hätte es verdient.

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