Lebens­da­ten: * 23.5.1910 (Berlin) + 10.7.2004 (Hamburg)

Infor­ma­tio­nen zur Person:
Volks­schau­spie­le­rin

Inge Meysel war das, was man eine Volks­schau­spie­le­rin nennt, im besten Sinne. Über neun Jahr­zehnte hinweg stand sie auf der Bühne, für manche Iden­ti­fi­ka­ti­ons­fi­gur, für manche Hass­ob­jekt. Seit den 60er Jahren wurde sie “Mutter der Nation” genannt, ein Titel, der ihr nicht gefiel und ihr auch nicht gerecht wurde.

Bereits im Alter von drei Jahren spielte Inge Meysel in Berlin ihre erste Rolle in der Oper “Hänsel und Gretel”, mit vier Jahren begann ihr Ballett-Unter­richt. Schon als Jugend­li­che wurde deut­lich, dass sie nicht ange­passt ist: Sie befreite sich selbst mit gefälsch­ter Unter­schrift vom Abitur und nahm statt­des­sen Schau­spiel­un­ter­richt bei zwei der besten Schau­spie­le­rin­nen der 20er Jahre, Lucie Höflich und Ilka Grüning. Ihr Weg war vorge­zeich­net, doch die Macht­über­nahme der Nazis machte ihr ein Strich durch die Rech­nung. Als Toch­ter des jüdi­schen Kauf­manns Julius Meysel und seiner däni­schen Frau Marga­rete Hansen galt sie nicht nur als poli­tisch unzu­ver­läs­sig, sondern nach den Nürn­ber­ger Rasse­ge­set­zen auch als “Halb­jü­din”. 1935 erhielt Inge Meysel Berufs­ver­bot. Ein paar Jahre später musste sich ihr Vater vor den Nazis verste­cken, ihren Freund Helmut Rudolph durfte sie nicht heira­ten. Die Jahre der Nazi­herr­schaft präg­ten Inge Meysel, mehr als zuvor hasste sie Unter­wür­fig­keit, da wurde sie aggres­siv.

Als mit dem “Wirt­schafts­wun­der” auch das Fern­se­hen in viele bundes­deut­schen Haus­halte einzog, avan­cierte sie zum Schau­spiel­star. In über 100 Produk­tio­nen spielte sie die Haupt­rolle oder eine wich­tige Neben­per­son. Inge Meysel spielte “kleine Leute” mit ihren klei­nen Proble­men. Und sie wirkte echt. Millio­nen sahen in ihr den Ideal­typ einer Mutter. Streng, herz­lich, zupa­ckend. Eine Para­de­rolle war auch ihre “Ada Harris” als Putz­frau.
Zur “Mutter der Nation” wurde sie jedoch als Portiers­frau Mutter Wies­ner im TV-Spiel “Das Fens­ter zum Flur” (1960). Dabei war sie ganz anders als diese Nation, die damals noch im klein­bür­ger­li­chen Spie­ßer­idyll ihre Erfül­lung sah: Lesbi­sche Affä­ren und Freund­schaf­ten mit Schwu­len pass­ten so gar nicht in ihre Medi­en­rolle. Öffent­lich zur Bise­xua­li­tät bekannt hat sie sich aller­dings erst in den 90er Jahren, sonst hätte ihre Karriere sicher eine andere Rich­tung genom­men.

1978 gehörte Inge Meysel dann zu den Frauen, die zusam­men mit Alice Schwar­zer und Luise Rinser gegen die Darstel­lung von Frauen in den Medien als Sexu­al­ob­jekte ins Feld zogen. Im Alter von 81 Jahre brach sie dann das nächste Tabu, sie forderte das Recht von Alten und Kran­ken auf huma­nes Ster­ben.
In einer ihrer letz­ten TV-Filme, “Das verges­sene Leben”, der 1999 das erste Mal ausge­strahlt wurde, spielte sie die Rolle als geis­tig verwirrte Grei­sin Sophia so über­zeu­gend, dass ihr dafür bereits zwei Tage später die Auszeich­nung “Der Goldene Gong” verlie­hen wurde.

Filme mit Inge Meysel:

  • Groß­stadt­nacht (1932)
  • Liebe 47 (1949)
  • Schat­ten der Nacht (1950)
  • Meine Nichte Susanne (1950)
  • Der Fall Raban­ser (1950)
  • Taxi Kitty (1950)
  • Die Dubarry (1951)
  • Sensa­tion in San Remo (1951)
  • Kommen Sie am Ersten (1951)
  • Unter den tausend Later­nen (1952)
  • Tanzende Sterne (1952)
  • Des Teufels Gene­ral (1954)
  • Ein Mann muss nicht immer schön sein (1956)
  • Dr. Crip­pen lebt (1957)
  • Immer die Radfah­rer (1958)
  • Bobby Dodd greift ein (1959)
  • Skan­dal um Peggy (1958)
  • Rosen für den Staats­an­walt (1959, Kino)
  • Im sechs­ten Stock (1959)
  • Neues aus dem sechs­ten Stock (1959)
  • Schau heim­wärts, Engel (1961)
  • Liebe verbo­ten — Heira­ten erlaubt (1959)
  • Als geheilt entlas­sen (1960)
  • Madame Sans-Gêne (1960)
  • Ihr schöns­ter Tag (1961)
  • Blond muss man sein auf Capri (1961)
  • Der Biber­pelz (1962)
  • Tivoli (1963)
  • Der Stadt­park (1963)
  • Ein Frau­en­arzt klagt an (1964)
  • Die eige­nen vier Wände (1965)
  • Palme im Rosen­gar­ten (1967)
  • Weh’ dem, der erbt (1969)
  • Die Ratten (1969)
  • Mutter­tag (1975)
  • Endsta­tion Para­dies (1977)
  • Der rote Strumpf (Kinderfilm,1980)
  • Frau Juliane Wink­ler (1983)
  • Das Geschenk (1984)
  • Selbst­be­die­nung (1984)
  • Wie war das damals (1985)
  • Die kluge Witwe (1985)
  • Gren­zen­lo­ses Himmel­blau (1985)
  • Vertrauen gegen Vertrauen (1986)
  • Die Erbschaft (1987)
  • Kein pfle­ge­leich­ter Fall (1990)
  • Innige Feind­schaft (1991)
  • Taxi nach Rathe­now (1991)
  • Schluß­ab­rech­nung (1993)
  • Groß­mutters Courage (1994)
  • Glück auf Kredit (1995)
  • Babuschka (1995)
  • Guppies zum Tee (1997)
  • Tatort — Blaues Blut (1999)
  • Die blauen und die grauen Tage (1999)
  • Die Lieben­den vom Alex­an­der­platz (2001)

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