Seit dem Bau von Meyer’s Hof waren nunmehr 36 Jahre vergangen. Über die Zeit zwischen 1910 und Ende der Zwanziger ist nicht bekannt, dass es noch bedeutendere Umbauten gegeben hätte. 1920 starb Otto Meyer und damit begann auch der Abstieg von Meyer’s Hof. Vorübergehend waren noch “Meyers Erben” die Eigentümer, doch zur gleichen Zeit kam die Firma Keyling & Thomas ins Spiel. Diese war bereits auf dem benachbarten Grundstück Ackerstraße 126–129 niedergelassen und betrieb dort eine Eisengießerei. Der Betrieb nahm mehrere große Grundstücke zwischen der Ackerstraße und der Gartenstraße in Beschlag. Doch weil ihr der Platz nicht reichte, begann die Firma damit, auch benachbarte Grundstücke aufzukaufen, um sie dann mit eigenen Gebäuden neu zu bebauen. In der Ackerstr. 123–125 und der Gartenstr. 46 und 47 wurde die ursprüngiiche Bebauung durch neue Gießereihallen ersetzt. Doch mit Meyer’s Hof sollte es Probleme geben.
Die Firma Keyling & Thomas, mittlerweile umbenannt in Eisengießerei AG, wurde am 21. September 1921 neuer Eigentümer der Ackerstr. 132/133. Als erstes begannen sie damit, das letzte Gebäude in Meyer’s Hof umzubauen, in dem sich bis dahin eine Badeanstalt und die Haus-verwaltung befunden hatte. Stattdessen richtete man in diesem Gebäude eine “Kernmacherei” ein. Die Pläne für Meyer’s Hof waren klar: Abriss der Wohnhäuser, Neubau von Produktions-Gebäuden. Doch da die Eisengießerei nicht schnell genug war, kam ihr 1923 das neue Mieterschutzgesetz dazwischen. Dadurch wurden die Pläne über’n Haufen geworfen, denn nun konnte der Wohnkomplex nicht mehr einfach entmietet werden. Da die Pläne mit dem Grundstück damit zerstoben waren, wurde Meyer’s Hof für die Firma uninteressant; man ließ ihn verkommen, vielleicht auch in der stillen Hoffnung, das Problem würde sich auf diese Art bald von allein lösen. 1927 verließ die Eisengießerei AG dann aber den Standort Wedding und siedelte nach Britz um.
Im Sommer desselben Jahres verkaufte sie Meyer’s Hof an die “Union Baugesellschaft”, die das Grundstück aber lediglich zu Spekulationszwecken haben wollte. Denn schon am 6. September 1927 bot die Union das Gelände dem Bezirk Wedding zum Kauf an. Anscheinend hatte sie mitbekommen, dass der Bezirk durch das Grundstück eine neue Straße bauen wollte und erhoffte sich dadurch hohe Profite. Es sah auch ursprünglich so aus, dass der Deal schnell vonstatten gehen konnte, doch stritt man im Bezirksamt über die korrekte Straßenführung. Darüber verging Monat um Monat, bis schließlich — zweiJahre später! — der Bau der Straße und damit auch der Kauf des Grundstücks wieder verworfen wurde. Die Union Baugesellschaft hatte in der Zwischenzeit immer wieder zum Kauf von Meyer’s Hof gedrängt, da sie selbst in große finanzielle Schwierigkeiten gekommen war. Gleichzeitig wies sie auch auf die schlimmen sanitären Zustände in dem Haus hin, um damit eine Beschleunigung der Entscheidung zu erreichen. Doch an diesen Zuständen änderte sie nichts. Wie schon zuvor für die Eisengießerei war auch für die Union nur das Grundstück von Interesse, die darauf lebenden Menschen störten nur.
Im April 1929 verkaufte die Union Baugesellschaft Meyer’s Hof schließlich an die “Norddeutsche Immobilien AG”, zu einem Preis von 170.000 Reichsmark — einem Viertel der Summe, die sie ursprünglich vom Bezirk gefordert hatte.
Doch schon am 24. Januar 1930 wurde Meyer’s Hof wieder verkauft, diesmal an den Kaufmann Dr. Alexander Turmarkin. Unter seiner Verwaltung ging das Haus nun vollends den Bach runter und wurde zum verrufensten Gebäude Berlins.
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