Lebens­da­ten: * 19.12.1950 (Reichenbach/Vogtland) † 9. Mai 1999 (Berlin)

Infor­ma­tio­nen zur Person:
Schrift­stel­ler, DDR-Dissi­dent

Als Freund von Wolf Bier­mann war Jürgen Fuchs den DDR-Macht­ha­bern ein Dorn im Auge. Auch nach seiner Ausbür­ge­rung kämpfte er gegen die Staats­si­cher­heit, bis er 1999 auf myste­riöse Weise starb.

Das Leben von Jürgen Fuchs ist eng verknüpft mit der Tragik eines Menschen, der die offi­zi­ell propa­gier­ten Werte seiner sozia­lis­ti­schen Repu­blik ernst nahm; er versuchte danach zu leben und schei­terte daran. Doch schon als Schü­ler im Süden der DDR. Im Jahr der Studen­ten­pro­teste und des Prager Früh­lings 1968 wurden seine kriti­schen Meinungs­äu­ße­run­gen von der Schul­lei­tung geahn­det, dem jungen Abitu­ri­en­ten wurde das Studium verwehrt. Aber Fuchs ließ sich nicht beir­ren, er einen Fach­ar­bei­ter­ab­schluss bei der Deut­schen Reichs­bahn und leis­tete seinen Dienst “bei der Fahne”, der NVA.
Ab 1971 konnte er Studium der Sozi­al­psy­cho­lo­gie an der Fried­rich-Schil­ler-Univer­si­tät Jena begin­nen. Fuchs wollte “die Struk­tu­ren von innen zu sehen” und trat daher 1973 der SED bei. Doch nach einem gemein­sa­men Auftritt mit Bettina Wegner und Gerulf Pannach wurde er 1975 exma­tri­ku­liert und aus der SED ausge­schlos­sen. Seine Diplom­ar­beit wurde abge­lehnt und er konnte nicht als Psycho­loge arbei­ten.

Zusam­men mit seiner Frau Liese­lotte und der Toch­ter Lili zog Jürgen Fuchs zur Fami­lie von Katja und Robert Have­mann nach Grün­heide bei Berlin. Da war er schon lange im Visier der Stasi. Nach der Ausbür­ge­rung von Wolf Bier­mann im Novem­ber 1976 protes­tierte er gegen die Maßnahme und wurde sofort verhaf­tet. Bis August 1977 saß Fuchs im gehei­men Unter­su­chungs­ge­fäng­nis der Stasi in Hohen­schön­hau­sen. In dieser Zeit enga­gierte sich der Verband der Schrift­stel­ler in West-Berlin für ihn, orga­ni­sierte inter­na­tio­nale Proteste. Schließ­lich wurde Jürgen Fuchs mit seiner Fami­lie ausge­bür­gert und über den Grenz­über­gang Inva­li­den­straße nach Westen abge­scho­ben.

Hier veröf­fent­lichte er kurz darauf seine Bücher “Gedächt­nis­pro­to­kolle” und “Verneh­mungs­pro­to­kolle”. Auch von West-Berlin aus enga­gierte sich Jürgen Fuchs, er hielt Kontakt zu oppo­si­tio­nel­len Grup­pen im Ostblock, wie der unab­hän­gi­gen Frie­dens- und Bürger­be­we­gung in der DDR, zur tsche­chi­schen Charta 77 und zur polni­schen Soli­dar­nosc. Im Problem­stadt­teil Moabit arbei­tete er seit 1980 als Sozi­al­psy­cho­loge mit Jugend­li­chen, dane­ben aber schrieb er weiter­hin, Hein­rich Böll und Manès Sper­ber zähl­ten zu seinen Bekann­ten.
Aufgrund seiner Akti­vi­tä­ten wurde er jedoch auch weiter­hin von der DDR-Staats­si­cher­heit beob­ach­tet und “zersetzt”.  So explo­dierte vor seinem Haus eine Bombe, ein ande­res Mal wurden die Brems­schläu­che seines Autos durch­ge­schnit­ten. Nach inter­na­tio­na­len Protes­ten und einer Zahlung der Bundes­re­gie­rung an das SED-Regime wurde Jürgen Fuchs entlas­sen.

Nach dem Fall der Mauer bemühte sich Jürgen Fuchs beson­ders um die Aufklä­rung der Verbre­chen des MfS. Ab 1991 arbei­tete im Bundes­amt für Unter­la­gen der Staats­si­cher­heit (BStU), der soge­nann­ten Gauck-Behörde. Dort aber bege­ge­n­eten ihm immer wieder ehema­lige Mitar­bei­ter der Stasi, die nun eben­falls bei der Behörde beschäf­tigt waren. Aus Protest dage­gen legte er 1997 seine Arbeit nieder.
Zu diesem Zeit­punkt war bereits klar, dass er an Leuk­ämie erkrankt war. Schnell kommt bei ihm selbst und auch in seinem Umkreis der Verdacht auf, dass die Krank­heit durch versteckte Anwen­dung von Rönt­gen­strah­len während seiner Haft­zeit verur­sacht wurde. Denn schon sein Freund, der Lieder­ma­cher Gerulf Pannach, der im selben Knast geses­sen hatte, starb ein Jahr vorher an Krebs, einige Monate früher schon Rudolf Bahro.

1998 erschien noch das Buch “Magda­lena”, in dem Jürgen Fuchs seine Erleb­nisse in der Gauck-Behörde aufschrieb. Es ist ein beklem­men­des Zeug­nis seiner Bemü­hun­gen, Licht in das Dunkel der Staats­si­cher­heit zu brin­gen und dabei doch stets auf deren alten Mitar­bei­ter zu stoßen.

Bücher von Jürgen Fuchs:

  • Gedächt­nis­pro­to­kolle, 1977, ISBN 3499141221
  • Verneh­mungs­pro­to­kolle, 1978, ISBN 3499142716
  • Tages­no­ti­zen, 1979, ISBN 3499251264
  • Papp­ka­me­ra­den, 1981, ISBN 3499251523
  • Fasson­schnitt, 1984, ISBN 3499124807
  • Einmi­schung in eigene Ange­le­gen­hei­ten, 1984, ISBN 3499153572
  • Das Ende einer Feig­heit, 1988, ISBN 3499131994
  • Gäste kommen und gehen oder Der Verkauf der Landes­kin­der, 1989, ISBN 3926409770
  • “… und wann kommt der Hammer ?”, 1990, ISBN 386163015X
  • Dumm­ge­schult? Ein Schü­ler und sein Lehrer, 1992, ISBN 3861630478
  • Zerset­zung der Seele, 1995, ISBN 3880223653
  • Magda­lena, 1998, ISBN 3499226189

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