ebens­da­ten: * 14.5.1868 (Kolberg) + 14.5.1935 (Nizza)

Infor­ma­tio­nen zur Person:
Sexu­al­wis­sen­schaft­ler

Magnus Hirsch­feld wuchs als Sohn eines sozial und poli­tisch enga­gier­ten, fort­schritt­li­chen Mannes auf, der sich der Jüdi­schen Gemeinde ebenso wie der Tradi­tion von 1848 eng verbun­den fühlte.
Nach seinem Abitur 1895 verließ Hirsch­feld seine Heimat­stadt und begann zunächst in Bres­lau verglei­chende Sprach­wis­sen­schaf­ten zu studie­ren. Doch schon nach einem Semes­ter wech­selte er nach Straß­burg über und begann das Medi­zin­stu­dium. Weitere Statio­nen seiner Studi­en­zeit waren München und schließ­lich Berlin.

Während seines Studi­ums lernte er einfluss­rei­che und promi­nente Persön­lich­kei­ten kennen. Dazu gehör­ten die Schrift­stel­ler Wede­kind und Ibsen und der Vorsit­zende der Sozia­lis­ti­schen Partei Deutsch­lands August Bebel mit dem ihn eine lebens­lange Freund­schaft verband. Nach der Rück­kehr von einer ausge­dehn­ten Reise in die USA, nach Nord­afrika und Italien eröff­nete er eine Arzt­pra­xis.
Ganz im Sinne seiner fort­schritt­lich, sozia­len Grund­ein­stel­lung arbei­tete er als Redak­teur des “Haus­doc­tor”, einer Wochen­schrift für natur­ge­mäße Lebens- und Heil­weise, die sich der allge­mei­nen Reform der Lebens­weise verschrie­ben hatte. Die beson­de­ren Anlie­gen des “Haus­doc­tor” waren der Kampf gegen Tabak- und Alko­hol­miss­brauch, die Förde­rung der Gesund­heits­vor­sorge durch Eigen­in­itia­tive und die sexu­elle Aufklä­rung und Erzie­hung. Durch den aufse­hen­er­re­gen­den Prozeß gegen den Dich­ter Oscar Wilde und den tragi­schen Tod eines seiner eige­nen Pati­en­ten tief erschüt­tert, begann er sich für die Eman­zi­pa­tion der Homo­se­xu­el­len und eine Reform des repres­si­ven Straf­rechts einzu­set­zen. Im Jahre 1897 grün­dete er das “Wissen­schaft­lich huma­ni­täre Komi­tee”, das sich mit seinen zahl­rei­chen Promi­nen­ten, Wissen­schaft­lern und Künst­lern bis zum Ende der Weima­rer Repu­blik, wenn auch vergeb­lich, für eine Straf­rechts­re­form einsetzte.

Als Heraus­ge­ber der 1908 erst­mals erschie­nen Zeit­schrift “Sexu­al­wis­sen­schaft” gelang es ihm, auch ande­ren Pionie­ren der Sexu­al­wis­sen­schaft wie Have­lock Ellis, Albert Moll, Iwan Bloch und Sieg­mund Freud ein brei­tes Forum zu eröff­nen. Im Jahre 1919 wurde von Hirsch­feld in Berlin auf der Basis einer gemein­nüt­zi­gen Stif­tung das “Insti­tut für Sexu­al­wis­sen­schaft” gegrün­det, das erste der Welt. Die Akti­vi­tä­ten des Insti­tu­tes erstreck­ten sich auf die Erfor­schung der mensch­li­chen Sexua­li­tät, die Aus- und Weiter­bil­dung von Ärzten, gutach­ter­li­che Tätig­keit, die teil­weise kosten­lose Bera­tung und Behand­lung von Pati­en­ten und zahl­rei­che Vorträge, die der Volks­bil­dung und Aufklä­rung dien­ten. Sein monu­men­ta­les Haupt­werk “Die Geschlechts­kunde” erschien 1926. Sie fasste den bis dahin bekann­ten Stand der Wissen­schaft zusam­men und beein­druckte durch die Fülle ihrer Fall­dar­stel­lun­gen und Abbil­dun­gen, die im Rahmen des Insti­tu­tes für Sexu­al­wis­sen­schaft gesam­melt worden waren. Ein großer Teil der Daten entstammte der Auswer­tung des von Hirsch­feld entwi­ckel­ten “Psycho­bio­lo­gi­schen Frage­bo­gens”. Die syste­ma­ti­sche Befra­gung tausen­der Proban­den über ihr Sexu­al­le­ben und Verhal­ten war eine Pionier­tat.

Auf Einla­dung einer deutsch-ameri­ka­ni­schen Ärzte­ge­sell­schaft brach Hirsch­feld im Herbst 1930 zu einer Welt­reise auf, die ihn nach San Fran­cisco, Japan, China, Indo­ne­sien, Indien, Phil­ip­pi­nen, Ägyp­ten und Paläs­tina führte. Das poli­ti­sche Klima hatte sich nach seiner Rück­kehr nach Europa in Deutsch­land so zuge­spitzt, dass eine Rück­kehr nach Berlin unmög­lich gewor­den war. Am sechs­ten Mai 1933 wurde das Insti­tut für Sexu­al­wis­sen­schaft von den Nazis geschlos­sen und anschlie­ßend zerstört. Hirsch­felds Versuch in Paris ein klei­ne­res Insti­tut zu grün­den, das sein Lebens­werk außer­halb Deutsch­lands fort­set­zen könnte, schei­terte. Er starb 1935 an seinem sieben­und­sech­zigs­ten Geburts­tag in Nizza.

Schreibe den ersten Kommentar

Hier kannst Du kommentieren

Deine Mailadresse ist nicht offen sichtbar.


*