Lebensdaten: Geb. 7.10.1871 (Berlin), gest. 17.11.1943 (Auschwitz)

Informationen zur Person:
Schriftsteller

Georg Hermann wurde am 7. Oktober 1871 als Georg Borchardt im Haus des Tabakhändlers Prätorius in der Heiligegeiststraße 39 geboren. Die Straße lag nahe der Spandauer Straße in Mitte, sie existiert heute nicht mehr. Ursprünglich hieß er Georg Borchardt und wurde geboren als erstes von sechs Kindern eines verarmten Weißwarenhändlers. Die Kinderjahre waren überschattet von Armut, der Schuldhaft seines Vaters und schließlich von dessen körperlichen Verfall. Georg schaffte es trotzdem, das Askanische und später das Friedrich-Werdersche Gymnasium zu besuchen und erreichte dort die „Reife der Obersekunda“. Als er mit 20 Jahren die Schule verließ, war sein Vater Hermann bereits tot. Die Mutter zog mit den Kindern in die Bülowstraße 18 an der Ecke zur Frobenstraße. Dieses Haus wurde im Krieg zerstört.
Nach dem Schulabschluss fand Georg eine Anstellung als Lehrling und Gehilfe in einem Krawattengeschäft. Danach leistete er seinen Dienst im Preußischen Militär ab und arbeitete dann als Hilfsarbeiter im Statistischen Amt der Stadt Berlin. Schon damals schrieb er Geschichten, was später zu seinem Beruf werden sollte.

1896 erschien sein erster Roman, eine „Selbstdarstellung in fiktionaler Form“: „Spielkinder. Ein Jahr später wählte er das Pseudonym Georg Hermann, nach dem Vornamen des verstorbenen Vaters. Von 1896 bis 1899 besuchte der junge Schriftsteller als Gasthörer die Universität, um sich – wie er schrieb – „ein paar Löcher in den Mantel meiner Unbildung zu reißen“.
Nach der Veröffentlichung seines ersten Romans fand er eine Anstellung als Kunstkritiker beim Ullstein-Verlag. Nach der Hochzeit mit der Professorentocher Martha Heynemann zog er 1901 in die Kaiserallee 108 (heute Bundesallee). Hier bekam das Paar vier Kinder, alles Töchter. Sein neues Heim beschrieb er im Roman „Jettchen Gebert“, der 1906 erscheint und einer seiner größten Erfolge wurde. Im selben Jahr zog die Familie in die Stubenrauchstraße 6, drei Jahre später in die Uhlandstraße 114/115. Als Fortsetzung seines ersten Erfolgsromans kam 1909 „Henriette Jacoby“ heraus, 1910 „Kubinke“. Sein Thema in den Büchern sind jüdische Menschen, die versuchen, ihr Leben zu meistern. Manche Vorlagen findet er in der eigenen Familie, wie seine Tante Riekchen oder Onkel Salomon.
Kreuznacher Straße 28Für „Kubinke“ zeichnete Georg Hermanns Freund Zille den Buchumschlag, dafür schrieb Hermann für Zilles „Mein Milljöh“ das Vorwort. Im Jahr 1912 war die Familie recht vermögend, sie zog in eine Villa in der Trabener Straße 13.
zu Beginn des 1. Weltkriegs verließen die Hermanns Berlin und zogen nach Schwaben. Dort ließ sich Georg Hermann 1918 von seiner Frau scheiden und heiratete erneut. Doch seine neue Ehefrau starb 1926, fünf Jahre später kehrte Georg Hermann nach Berlin zurück. Mit seiner ersten Frau war er die ganze Zeit über freundlichaftlich verbunden gewesen, und so ließ er sich wieder in ihre Nähe nieder, in die Laubenheimer Straße (heute Kreuznacher Straße 28). Mit ihm kamen seiner beiden Töchter aus der zweiten Ehe.
Mittlerweile aber waren die Zeiten in Berlin härter geworden. Georg Hermann war den Nazis als bekannter jüdischer Schriftsteller natürlich ein Dorn im Auge. Nach dem Reichstagsbrand floh er Mitte März 1933 zusammen mit seinen Töchtern nach Holland. Dort war er ein angesehener Autor, dessen Bücher in den Schulen gelesen wurden.

Den letzten seiner 40 Romane schrieb Hermann im holländischen Exil: „Rosenemil“ zeigt das Schicksal eines kleinen Mannes, der in Berlin Blumen verkauft. Es war ein typischer Hermann-Roman, denn fast immer beschrieb er diejenigen, die es nicht „geschafft“ hatten, die Schwachen, die Armen, die Alten. In manchen Romanen kam er auch selber vor, unter dem Namen Fritz Eisner: „Er konnte solche reichen Jungen nicht leiden, solche Hochbegabten, Glücklichen, Klugen, die sicher ihren Weg nahmen. Die Schule schon hatte sie ihm gründlich verekelt. Er konnte überhaupt keine Leute ausstehen, die zu gescheit waren. Und er war auch nicht umsonst sein Lebtag gedrückt, gestupft und mittellos gewesen, um jetzt noch eine Brücke zu ihnen finden zu können. Er mochte keine Unproblematischen, keine Arrivierten, keine Menschen in Stellungen oder in Berufen; für ihn galten nur die, die draußen standen und auf ihren eigenen Wegen heute noch nicht wussten, was morgen sein könnte. Und nur kein Gelingen! Und nur keine Zufriedenheit! Weder mit sich noch mit irgendwem oder irgendwas. Und dann hatte Fritz Eisner noch eine tiefe Zuneigung zu jeglicher Gebrochenheit, für jede Schwäche, die er im Kern verstand und innerlich miterlebte; und vor der ihn selbst eigentlich nur seine Verbissenheit bewahrte: … Das Nun-Gerade … den Hunden es zeigen! Instinktiv aber liebte er trotzdem jene Müden, Halben und Lässigen und Unentschlossenen.“

Gerorg HermannGeorg Hermann war ein Linker und ein Verächter des Krieges: „Die ganze Grausamkeit des Krieges sieht man an dem einen Wort, das wir sinnlos hinsprechen: Dem Wort Schlachtfeld“. Zwar war er Jude, jedoch nicht religiös. Und er sah seine jüdische Identität als Abgrenzung zum deutschnationalistischem Mief, sah sich als Weltbürger, der aber doch in Deutschland leben wollte: „Wenn wir deutschen Juden mehr international und kosmopolitisch betont sind, so wollen wir noch lange nicht unser Deutschtum aufgeben, sondern wollen weiter nichts tun, als die Fenster aufmachen, um in ein Zimmer, in dem die Luft dumpf und muffig geworden ist, neue Luft hereinzulassen.“

Die Flucht nach Holland ermöglichte Georg Hermann noch einige Jahre Leben. Seine Zeit als erfolgreicher Schriftsteller war jedoch vorbei. Als die Wehrmacht 1943 einmarschierte, wurde er in ein Internierungslager gesteckt und von dort nach Auschwitz deportiert. Der mittlerweile schwer herzkranke, 72-jährige Hermann wurde noch am Tag seiner Einlieferung vergast.

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