„Ich war ja auch mal Taxifahrer“

Jeder Kollege kennt diesen Spruch: „Früher bin ich ja auch mal Taxi gefahren.“ Was sich wie eine belanglose Information anhört, löst bei mir Misstrauen aus. Was soll ich mit dieser Aussage anfangen? Will sich derjenige bei mir einschleimen? Es gibt ja immer wieder diese Typen, die einen auf Kumpel machen, mich ungefragt duzen und sich anbiedern. Ab und zu, wenn jemand zu unangenehm ist, sieze ich den dann ganz bewusst, nur um eine Distanz deutlich zu machen.

Oder ist der Spruch so gemeint, dass der zweite Teil nicht gesagt, aber gemeint ist: „Heute habe ich es ja nicht mehr nötig.“? Dabei muss das nicht mal bewusst so gemeint sein, aber ich spüre es immer wieder, dass Fahrgäste so denken.
Sicher gibt es bessere Jobs als Taxifahrer, erst recht besser bezahlte. Und auch ich würde mich freuen, deutlich mehr zu verdienen und kein Problem zu haben, die Miete finanzieren zu können. Aber niemals würde ich jemanden vor die Nase halten, dass ich es ja „geschafft“ habe.

Kann sein, dass ich einigen unrecht tue und da etwas zu empfindlich bin. Es gibt eben Sprüche, die ich im Taxi einfach nicht mag. Dazu gehört auch der „Witz“ von manchem Fahrgast, dass er kein Geld dabei hätte, oder noch schlimmer: „Was machste, wenn wir dich jetzt überfallen?“
Das Verhältnis zwischen Taxifahrer und manchem Fahrgast kann kompliziert sein. Meist aber kriegt man das schon hin, sei es durch Weghören, eine deutliche Ansage oder indem man das eigene Toleranzreservoir bis zum Ende ausschöpft. Und vor allem weiß man ja, dass der Horst bald aussteigt. Und der nächste Fahrgast ist dann normalerweise wieder pflegeleichter.

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1 Kommentar

  1. Das haben Sie sehr schick beschrieben. Ich denke aber, dass damit sowas gemeint ist wie „isch weiß bescheiiiid.“. Also ein Versuch Nähe aufzubauen. Ich schäm mich auch immer fremd, wenn einer das bei mir auf Arbeit macht, v.a. wenn der- oder diejenige gerade negativ auf meiner Stelle aufgefallen ist (z.B. wenn er/sie meint, meine elektronische Ameise bewegen zu müssen).
    Dann denk ich mir: was bringt mir diese Information jetzt? Du müsstest es doch besser wissen. Oder: Schön. Neben uns sinds noch 10.000 andere.. Dafür kriegste keine Nähe.

    Zum Spruch mit dem Überfall: das gibts auch beim Trampen. Und ist da auch sehr unangenehm. Einfach ne Charaktersau.

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