Es war einmal ein beeindruckendes Gebäude, das Kunsthaus Tacheles in der Oranienburger Straße in Mitte. Zahlreiche KünstlerInnen hatten den Komplex 1990 besetzt und ihn bis 2012 genutzt. Es gab Ateliers, Kino, Theater, Veranstaltungen, Ausstellungen und mehr. Das Tacheles war auch für Touristen ein Highlight, hier konnte man bis zur Schließung das runtergerockte Nachwende-Berlin besichtigen, inklusive fehlender Fassade auf der Rückseite.
Schon das ursprüngliche Gebäude, die Friedrichstraßenpassage, war überwältigend. Von der Oranienburger Straße zog sich der Konsumbunker seit der Eröffnung 1908 quer durch den Block zur Friedrichstraße. Es war Großes geplant, eine Mischung zwischen Kaufhaus und heutigen Centern, dazu Kino, Restaurants usw. Mitten im Block überspannte eine große Kuppel aus Stahlbeton den Weg zwischen den Straßen. Doch schon nach einem halben Jahr waren die Passagen pleite. Andere versuchten sich damit, wieder Handel, auch wenig erfolgreich. Ab 1928 diente es als Technik- und Bürohaus, bis es im Krieg teilweise zerstört wurde.
Und heute?
Seit einigen Jahren drehen sich die Kräne auf dem Gelände zwischen Friedrich‑, Johannis- und Oranienburger Straße. Der ganze Komplex nennt sich dann “Am Tacheles” — er schmückt sich mit seinem Opfer, das er selber erlegt hat.
Mittlerweile kann man sehen, dass erneut auf Größe gesetzt wird, auf Architektur, die Eindruck schinden soll.
Zwischen Oranienburger und Friedrichstraße soll es eine Fußgängerpassage geben sowie einen achteckigen Stadtplatz. An der Johannisstraße entstehen sieben Wohnhäuser mit 275 Eigentumswohnungen für Sehr-gut-Verdienende. Miet- oder gar Sozialwohnungen sind nicht vorgesehen. Und auch die Büro- und Geschäftsgebäude sind vom Feinsten, es wird ein großer Schritt in Richtung reiche Innenstadt.
In das ehemalige Tacheles-Gebäude zieht die schwedische Fotogalerie “Fotografiska”, wenigstens dies ist im weitesten Sinne eine kulturelle Nutzung.
Foto: © Herzog & de Meuron
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