Soziale Eiszeit

Die Be­schlüsse der Bundes­­regierung zu den Einspa­run­gen von 80 Milli­ar­den Euro in den kommen­den Jahren sind hart. Sie sind unso­zial, sie bestä­ti­gen, dass CDU und FDP sich nicht als Regie­rung der Menschen in Deutsch­land verste­hen, sondern nur als die ihrer eige­nen Wähler. Und so schlimm wie das Ergeb­nis auch ist — ich kann mich kaum noch drüber aufre­gen, weil ich schon gar nichts ande­res mehr erwar­tet habe. Was die Regie­rung jetzt durch­zieht bedeu­tet einen bewuss­ten Schlag ins Gesicht der Schwächs­ten in der Gesell­schaft. Angela Merkel, die sich lange Zeit als Versöh­ne­rin darge­stellt hat, verhöhnte am Abend in ihrer Anspra­che die Arbeits­lo­sen. Man müsse eben die “Anreize zur Arbeits­auf­nahme verbes­sern” oder anders gesagt: Wer nicht arbei­tet, braucht auch nichts zu Essen. Wie schon ihr Vorgän­ger Schrö­der, vor allem aber wie ihr Koali­ti­ons­part­ner FDP unter­stellt sie, dass die Leute nicht arbei­ten wollen. Statt die Voraus­set­zung für mehr Stel­len zu schaf­fen, werden die Arbeits­lo­sen bestraft. Das ist Wester­wel­les arro­gante Hand­schrift. Durch den Wegfall des Kinder­gelds für Hartz-IV-Empfän­ger werden viele Fami­lien bis zu 20 Prozent ihres Budgets verlie­ren. Wie sie dann noch über die Runden kommen sollen, ohne krimi­nell zu werden, ist der Regie­rung egal.
Es sind in erster Linie die sozial Schwächs­ten, die unter den beschlos­se­nen Einspa­run­gen zu leiden haben. Dieje­ni­gen, die die Krise zu verant­wor­ten haben, werden nicht belangt. Die Finanz­wirt­schaft braucht keine Angst zu haben, dass ihr auch nur ein einzi­ger Euro genom­men wird. Der Spit­zen­steu­er­satz, der unter Kohl noch 53 Prozent betrug, liegt jetzt nur noch bei 45 Prozent. Und er wird auch nicht erhöht.

Ein Ergeb­nis dieses wider­li­chen Vorge­hens wird sein, dass es zu harten Protes­ten kommt. Eine wirk­li­che Oppo­si­tion — und damit meine ich nicht SPD oder Grüne — sollte in den kommen­den Mona­ten dieje­ni­gen orga­ni­sie­ren, die am meis­ten unter den asozia­len Einschnit­ten zu leiden haben. Es wird zu gewalt­tä­ti­gen Protes­ten kommen, und die werden nicht schein­hei­lig und pseu­do­in­tel­lek­tu­ell sein, wie die der Auto­no­men. Deutsch­land kann sich auf Angriffe gegen Regie­rungs­ver­tre­ter und gegen Filia­len der Wirt­schaft gefasst machen und zwar durch die ganz norma­len Menschen. In Frank­reich machen sie es uns vor, dort wurden wieder­holt sogar Konzern­her­ren als Geisel genom­men. Jede Verzweif­lung über die eigene Situa­tion, die nicht im Selbst­mord endet, sondern in tätli­chem Wider­stand, kann ich nur guthei­ßen. Die Regie­ren­den als Büttel des Kapi­tals müssen wissen, dass ihr Handeln Folgen hat. Und wenn diese Folgen für sie persön­lich bedroh­lich werden, haben sie es auch selbst zu verant­wor­ten.

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12 Kommentare

  1. Ja es ist schon wirk­lich ein Greul, daß der Mist Einzel­ner immer wieder von Allen ausge­ba­det werden soll.

    Wo gilt den hier das Verur­sa­cher­prin­zip?
    Wer von uns “Klei­nen” hat denn die Banken­krise zu verant­wor­ten?
    Oder wer von uns hat Grie­chen­land in die Staats­pleite geführt?

    Offen­sicht­lich herrscht an der Macht­spitze die Meinung vor, der “Kleine” wird schon, ohne zu murren, alles tragen und bezah­len.

    Liebe Frau Merkel, falls es Ihnen noch Niemand gesagt hat, Sie sind Bundes­kanz­le­rin ALLER Deut­schen, und nicht nur eines Herrn Wester­welle oder eines Herrn Acker­mann!
    Wie wäre es, wenn Sie sich mal entspre­chend verhal­ten? Oder sind Sie dafür zu feige?

    Abschlies­send möchte ich aber auch sagen, das ich grund­sätz­lich gegen ein gewalt­tä­ti­ges Vorge­hen bin. Dies würde uns auf eine Stufe mit z.B. den Brau­nen stel­len.
    Ich plädiere für gewalt­freie Proteste, so wie es uns schon in der Vergan­gen­heit unsere Mitbür­ger aus dem Osten gezeigt haben. Noch heute halt mir der Ruf ins Ohr…

    “Wir sind das Volk!”

    Also, lasset die Montags­de­mos wieder aufle­ben!

  2. Der Arti­kel ist Bull…

    Von 147 Milli­ar­den im Sozi­al­etat werden gera­de­mal 3 Milli­ar­den einge­spart.

    Aller­dings wäre der Druck zu sparen jetzt nicht so hoch, wenn Merkel das Geld nicht mit beiden Händen zum Fens­ter raus­schau­feln würde… (Ich sag nur Banken-“Rettung”, Abwrack­prä­mie, Grie­chen­land-Bailout, Euro-“Rettungspaket” …u.v.m.)

    Das trau­rige ist, dass sich für die letz­ten Dinge FDP-Abge­ord­nete zur Verfü­gung gestellt haben. Es gibt leider nur wenige Libe­rale in den oberen Reihen der FDP, z.B. Frank Schäff­ler…

  3. Das ist eine abso­lute Provo­ka­tion, den schwächs­ten der Gesell­schaft die Kosten der Finanz­krise die, die Poli­tik zu verant­wor­ten hat, aufzu­bür­den. Ich hoffe, daß es kräf­tig rummst im Karton. Der SPD ist Ihre Unter­wür­fig­keit gegen­über dem Groß­ka­pi­tal auch nicht bekom­men. Mal schauen wie die Kanz­le­rin und Ihre Neoli­be­ra­len FDP-Scheis­ser dabei abschlies­sen werden. Ich hoffe es gibt blutige Nasen.

  4. @marc:
    »Von 147 Milli­ar­den im Sozi­al­etat werden gera­de­mal 3 Milli­ar­den einge­spart. «

    Sorry, aber das sind mal locker 3 Milli­ar­den zuviel, wenn die Zahlen stim­men. Jeder Cent, der bei Denen gespart wird, die eh nix haben, ist zuviel!

  5. Wie der Marc seinen letz­ten Absatz meint ist mir ein Rätsel.” .….sich FDP — Abge­ord­nete zur Verfü­gung gestellt haben..”..! Wohl Reali­täts­ver­lust ? Das ist die Hand­schrift der FDP. Wessen denn sonst ?

  6. @Paule
    Ich denke, marc ist der Ansicht, seine Partei kommt in der Koali­tion mit der CDU nicht zur vollen Entfal­tung. Viel­leicht bedau­ert er ja, dass die Unter­stüt­zung von Arbeits­lo­sen nicht gleich ganz gestri­chen wurde.

    @Oldieman
    Ich bin mir nicht sicher, dass das Prin­zip Montags­de­mos rich­tig ist. Viel­leicht ja, wir werden’s sehen. Am kommen­den Wochen­ende gibt es bereits die ersten (hoffent­lich großen) Protest­ak­tio­nen in Berlin

    @marc
    Ich will dich nicht persön­lich angrei­fen, aber: Ich wünsche dir, wenigs­tens mal ein Vier­tel­jahr mit Hartz IV leben zu müssen, ohne weitere Unter­stüt­zung. Wer in Deutsch­land Rich­ter werden will, muss vorher mehrere Besu­che im Gefäng­nis machen und sich auch kurz­zei­tig in eine Zelle bege­ben. Zwar kann man damit nicht das Einsit­zen nach­voll­zie­hen, aber es gibt wenigs­tens einen winzi­gen Eindruck davon, wozu man Menschen dann verur­teilt. Dieses Prin­zip sollte es auch für die Schrö­ders, Merkels und Wester­wel­les geben, wenigs­tens ein paar Tage Hartz IV.

  7. @Paule
    Ich finde es fürch­ter­lich, dass die FDP-Bundes­tags­frak­tion bis auf ein paar wenige Ausnah­men (wie Frank Schäff­ler) den Grie­chen­land-Bailout und das Euro-Stabi­li­sie­rungs­ge­setz mitge­tra­gen hat. Ich weiß nicht, wie du zu dem Schluss kommst, diese Dinge trügen die Hand­schrift der FDP. Eine libe­rale Hand­schrift tragen sie jeden­falls nicht. Die FDP-Abge­ord­ne­ten haben sich von Merkel ganz gewal­tig über den Tisch ziehen lassen.

    @Aro Kuhrt
    Ich würde den Bundes­haus­halt auch lieber dafür verwen­det sehen, sinn­volle Sozi­al­po­li­tik zu machen — z.B. Zuver­dienst­mög­lich­kei­ten und Bildungs­chan­cen zu verbes­sern. Statt­des­sen wurden Milli­ar­den von Schwarz-Rot für Rettungs­pa­kete, Subven­tio­nen und ähnli­che Dreis­tig­kei­ten verschwen­det, und jetzt auch noch von Schwarz-Gelb… Es ist leider unver­meid­bar, dass endlich gespart wird, über­all. Das aktu­ell verab­schie­dete Spar­pro­gramm ist eigent­lich viel zu klein. Es hätte z.B. noch viel mehr bei den Subven­tio­nen gespart werden können. Ange­sichts der öffent­li­chen Verschul­dung finde ich die Einschnitte im Sozi­al­etat jeden­falls noch rela­tiv klein.

    Das gehört zwar nicht unbe­dingt zum Thema, aber da du es ange­spro­chen hast: Ich habe mal zwei Jahre lang von weni­ger als Hartz IV gelebt.

  8. @marc
    Selbst­ver­ständ­lich muss gespart werden. Das bestreite ich auch nicht.
    Aller­dings nicht als Erstes bei den Schwächs­ten, sondern bei denen, die die Krise zu verant­wor­ten haben. Die Speku­lan­ten haben gefäl­ligst den Scha­den wieder gutzu­ma­chen, den sie ange­rich­tet haben. Statt­des­sen flie­ßen weiter­hin Boni.
    Zum Zwei­ten ist nicht einzu­se­hen, dass die Wirt­schaft schön in Ruhe gelas­sen wird beim Einspa­rungs­mas­sa­ker der Regie­rung. Nicht umsonst haben die Arbeit­ge­ber­ver­bände das Ergeb­nis gelobt. Ihnen tut es ja auch nicht weh.

    Ich stimme zu, dass die Subven­tio­nen in zahl­rei­chen Berei­chen gestri­chen werden können. Aber die Behaup­tung, die Einschnitte im Sozi­al­etat wären rela­tiv klein, zeugen von Igno­ranz gegen­über den Betrof­fe­nen. Sicher müssen die Leute in Deutsch­land deshalb noch nicht verhun­gern. Aber wo liegt denn bei dir die Grenze? Was ist der Maßstab? Äthio­pien? Bangla­desh? Zu einem menschen­wür­di­gen Leben gehört nicht nur das reine Über­le­ben, sondern die Chance auf saubere Klamot­ten, eine ausrei­chend große Wohnung, Zugang zu Kultur und Infor­ma­tio­nen. Und Leute, die mehr als Zehn­tau­send im Monat verdie­nen, soll­ten erst­mal bei sich selber sparen, und nicht ande­ren noch das Wenige kürzen.

    Zum Schluss: Wenn dein letz­ter Satz der Wahr­heit entspre­chen sollte, verstehe ich deine Äuße­rung erst recht nicht.

  9. Marc. Wie erklärst Du, dass die Millio­närs­gat­tin die nicht arbei­tet Ihren Fami­li­en­zu­schlag weiter­hin bezieht, aber die Hartz 4 bezie­he­rin nicht? Bitte eine Erklä­rung?

  10. Ich hab die nicht gewählt. Ich kenne viele, die sind auf die Herz statt Hartz Kampa­gnen der FDP rein­ge­fal­len. Und jetzt kommt die FDP und sagt, Herz, ja, Herz für Reiche, kein Hartz für Arme… So hätten sie es ja am liebs­ten. Ein wenig mehr sonsi­tige wählen oder einfach mal die Stimme würfeln… Wobei, was wäre bei Schwarz-Rot, würde die SPD nicht viel­leicht auch mitma­chen? Jeden­falls erwarte ich von keiner dieser Parteien mehr, welche da unsere Volks­ver­tre­ter stel­len etwas… Ich sympa­ti­siere mit den Pira­ten. Weil es sein kann, dass sie mit einem brei­ten Themen­spek­trum eine Chance haben, zum Bsp. in Berlin in Parla­mente einzu­zie­hen. Ich bin sowieso gespannt. Will noch jemand Wowe­reit? Oder die Linke? Und was dann? CDU? Grüne? FDP? machen es auch nicht besser. In Berlin wirds span­nend. Denn rotrot ist nicht sozial.

    0180er Service Nummern für Hartz IV ‑Empfän­ger wo zu 50 % noch nicht mal einer ran geht und man bezahlt trotz­dem, Termin­ab­spra­chen per Tele­fon können nicht einge­hal­ten werden, weil der “Kunde” des Jobcen­ters kein Schriftst­sück vorwei­sen kann und die Secu­rity ihn nicht durch­lässt. Ja das ist Berlin, das ist Jobcen­ter unter rot-rot… Übri­gens, im Schwarz-gelben Sach­sen ist das etwas einfa­cher… Noch!!! Wie auch immer, Sozial ist das trotz­dem alles nicht. Und für die Jobcen­ter auch nicht effek­tiv und damit Kosten scho­nend… Sämt­li­che Sach­ver­halte muss man 5 mal erklä­ren, Nach­weise holen, wo man keine Ahnung hat, wo man die her bekom­men, weil sie nicht exis­tie­ren können. Einfach ein riesi­ger Verwal­tungs­ap­pe­rat, der die Menschen auch noch rich­tig bekloppt macht. Und dann steht die Linke vor den Jobcen­tern und tut so, als ob sie nix dafür könn­ten… Immer­hin sind die Jobcen­ter eine Arbeits­ge­mein­schaft. Und da hat auch die Agen­tur für Arbeit mitzu­spre­chen. Die Kommu­nen kann man nicht für alles verant­wort­lich machen. Das tut aber die Berli­ner Linke, wenn man entgeg­net, Moment ihr regiert hier auch. Auf dem Bürger­amt gehts doch auch. Die schie­ben sich alle den schwar­zen Peter hin und her…

  11. Nach fast zehn Jahren muß man leider fest­stel­len, am Handeln der Regie­ren­den hat sich nichts geän­dert und die harten Proteste sind auch ausge­blie­ben.

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