Undiplomatisch

Dass private Pkw auf dem Taxi­stand geparkt werden, kommt leider öfter vor. Dies ist beson­ders deshalb ärger­lich, weil Taxis, die deshalb in der zwei­ten Reihe warten müssen, den Verkehr behin­dern. Außer­dem gibt es auch immer mal Poli­zis­ten, die einen dann noch verja­gen oder sogar einen Straf­zet­tel rein­drü­cken.

Von Bußgel­dern verschont sind die Diplo­ma­ten­au­tos, die sich gerne rund um den Pots­da­mer Platz auf die Taxi­hal­ten stel­len, wenn dort gerade etwas frei ist. So sparen sie den weiten Weg ins nächste Park­haus. Durch die diplo­ma­ti­sche Immu­ni­tät können sie weder recht­lich belangt werden, noch werden ihre Fahr­zeuge abge­schleppt. Viele von ihnen nutzen dieses Privi­leg aus. Das betrifft nicht nur die Gesand­ten selbst, sondern vor allem die vielen Ange­stell­ten der Botschaft. So kommt es vor, dass bei Empfän­gen im Ritz Carl­ton die Taxi­halte komplett von denen blockiert ist.

Auch für mich war kein Platz mehr auf der Taxi­halte, weil ein Diplo­ma­ten-Merce­des dort geparkt war. Also stellte ich mich direkt dane­ben, und zwar in so gerin­gem Abstand, dass gerade noch der Rück­spie­gel dazwi­schen passte. Einige Minu­ten später kam der Fahrer ange­rannt, um sein Herr­chen mit dem Auto vom Hotel abzu­ho­len. Dummer­weise kam er nicht ins Auto, weil meines dane­ben stand. Der Fahrer stellte sich nun vor meinen Wagen und machte eine wegwi­schende Hand­be­we­gung. Dabei brüllte er mich an: “Go away, go away!” Bis zu diesem Moment hätte ich auf eine Entschul­di­gung und die Bitte wegzu­fah­ren posi­tiv reagiert, ich wollte ihn ja nicht auf Dauer aus seinem Wagen aussper­ren. Aber ganz sicher lasse ich mich nicht durch so einen herri­schen Befehl wegschi­cken, der Mann hatte sich eindeu­tig für den falschen Ton entschie­den.
Weil ich ihn weiter­hin nur inter­es­siert anschaute, kam er zu mir und öffnete die Fahrer­tür, die ich sofort wieder zu zog und verrie­gelte. Dafür öffnete ich das Fens­ter und fragte: “Ja, bitte?” Mein Grin­sen gefiel ihm wohl nicht, er schrie wieder “Go away, Bastard!”
Nun war auch sein Schütz­ling dazu gekom­men, der passen­der­weise genauso chole­risch war. Fein geklei­det, mit Hut, schi­ckem Köffer­chen und schlech­tem Beneh­men. Er fummelte an meiner Tür herum und schrie “Fahr weg, Arsch­loch!” Zuge­ge­ben: Ich war erschro­cken über die Aggres­si­vi­tät der beiden, aber so etwas geht bei mir erst­mal nach hinten los. Ich werde dann eher trot­zig als ängst­lich, auch wenn das viel­leicht nicht klug ist. Zwei Taxi-Kolle­gen kamen nun dazu. Der eine versuchte mich mit vernünf­ti­gen Worten zum Wegfah­ren zu bewe­gen, während der andere sich gleich mit dem Diplo­ma­ten anlegte. Ich entschied für mich, so lange stehen zu blei­ben, bis vorn ein Kollege wegfährt und ich dann nach­rü­cken kann und den Weg frei mache.

In dieser Situa­tion kam von vorn ein Poli­zei­wa­gen und beide Botschafts­men­schen rann­ten gleich auf ihn zu. Man muss wissen, wann die Party vorbei ist, also fuhr ich fast wie neben­bei in Rich­tung Pots­da­mer Platz los. Eine Anzeige wegen Nöti­gung oder gar der Herauf­be­schwö­rung einer diplo­ma­ti­schen Krise wollte ich nicht riskie­ren. Im Rück­spie­gel sah ich, wie die Typen noch auf mich zeig­ten, aber offen­bar sah die Poli­zei keinen Grund, mich deshalb zu verfol­gen.

Sicher hätte ich anders reagie­ren können, aber ich habe keine Lust, dieses asoziale Verhal­ten zu akzep­tie­ren. Ich befürchte jedoch, dass dieses Erleb­nis den Diplo­ma­ten­fah­rer nicht davon abhal­ten wird, sich auch in Zukunft auf unse­ren Arbeits­platz zu stel­len, wenn sich die Gele­gen­heit dafür ergibt. Aber er weiß jetzt, dass es auch Taxi­fah­rer gibt, die sich das nicht gefal­len lassen.

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10 Kommentare

  1. Moin, moin,
    bei uns ärgern wir uns zwar auch immer wieder über äußerst krea­tive Auto­fah­rer aus unse­rem nörd­li­chen Nach­bar­land. Auch hier werden Park­ver­stösse und oder das Parken in einer Fußgän­ger­zone (was ja vorhe­ri­ges Befah­ren erfor­dert) durch Poli­zei und Ordnungs­amt meist über­se­hen, da es sich wohl selten lohnt, eine Voll­stre­ckung im Ausland zu versu­chen. Gegen Eure Diplo­ma­ten ist das aber wohl harm­los. Haben die tatsäch­lich einen völli­gen Frei­brief? Halten zupar­ken? Behin­der­ten­park­plätze? Feuer­wehr­zu­fahr­ten? Bushal­te­stel­len? Dann will ich sofort in den diplo­ma­ti­schen Dienst und auch so ein Kenn­zei­chen!! :-)

  2. Kompen­sie­rende Arsch­lö­cher? Sowas kann ich leiden…

    Bitte berichte beim nächs­ten Mal, wie die auf:
    “Tutt mirr laid, isch nix värrst­ähn!”* reagie­ren. :)

    *Ange­passt an das “diplo­ma­ti­sche” Erschei­nungs­bild, so dass man nich versu­chen wird, dich in der Spra­che des Fake-Akzents anzu­spre­chen.

  3. Eigent­lich soll­ten dieser Diplo­ma­ten-Frei­brief im Stra­ßen­ver­kehr auch in der entge­gen­ge­setz­ten Rich­tung gelten. Das heißt, wer sich wegen der “Null­num­mer” auf dem Kenn­zei­chen raus­nimmt, sich nicht an die allge­mei­nen Regeln und Gepflo­gen­hei­ten zu halten, dem gegen­über braucht man das auch nicht zu tun. Wenn so eine Diplo­ma­ten­karre dann ganz vorne an der Taxi­halte steht, könnte man sie z.B. einfach beiseite schie­ben ;-)

  4. Ich kann deinen Unmut verste­hen! Trotz­dem war es wahr­schein­lich eine gute Entschei­dung, einfach wegzu­fah­ren, weil du sonst wegen Nöti­gung unter Umstän­den hättest belangt werden können. Das ist alles unschön, aber ich fürchte, man wird es einfach hinneh­men müssen…

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