Am Artemis

Es ist schon lustig, wie verdruckst manche Männer beim Einstei­gen ins Taxi ihr Ziel ansa­gen: “Zum Arte­mis”, flüs­tern sie von der Rück­bank, damit auch kein Passant durch das geschlos­sene Fens­ter hören kann, dass er in den Puff möchte. Das Arte­mis ist das größte Bordell der Stadt, angeb­lich sind immer mindes­tens 70 Frauen vor Ort. Der Eintritt kostet 80 Euro.

Wer zum ersten Mal mit dem Taxi hinfährt, wundert sich, dass es am Ende des Kudamms plötz­lich auf den Auto­bahn­zu­brin­ger geht. Die meis­ten sind dann sehr leise, man merkt vielen die Unsi­cher­heit an, als ob ein Puber­tie­ren­der dem ersten Mal entge­gen fährt. Einmal wollte der Fahr­gast nicht so rich­tig ausstei­gen, fragte mich stän­dig neue Dinge. Erst als ich ihm sagte, dass die Warte­zeit bitte auch bezahlt werden solle, konnte er sich zum Rein­ge­hen über­win­den. Ein ande­rer gab zu, sehr nervös zu sein und wollte, dass ich ihn begleite — er würde auch für mich bezah­len.
Nun ist der nüch­terne Beton­bau von außen auch nicht wirk­lich einla­dend. Man hält ihn eher für ein Büro­haus, vermut­lich war er das auch mal. Dass es drin ein Bordell, einen Pool und sogar ein Restau­rant gibt, sieht man ihm nicht an.

Auf dem großen Park­platz stehen etwa 50 Fahr­zeuge, nicht mal die Hälfte ist aus Berlin. Das Umland ist stark vertre­ten, aber auch viele Bayern und andere Auslän­der, Ungarn, Dänen, Tsche­chen. Darun­ter zahl­rei­che Porsches und hoch­prei­sige BMWs. Dabei gilt das Arte­mis nicht gerade als Edel­puff, eher so Mittel­klasse. Als es das Bel Ami noch gab oder den Hagen­platz, Eintritt 450 Euro, da sah man solche Luxus­au­tos öfter. Aber hier, wo  eine Stunde Sex gerade mal 120 EUR kostet?

Abends stehen die Taxis Schlange, Haupt­ver­kehrs­zeit sozu­sa­gen. Die Kolle­gen reden mitein­an­der: “Rent­ner und Taxi­fah­rer zahlen da drin nur die Hälfte.” Der Platz ist unwirk­lich und unge­müt­lich. Aber man hat die Chance auf eine weitere Fahrt. Oder auch nur zum Kudamm. Mancher Fahr­gast ziert sich, geht nach dem Raus­kom­men erst an den Autos vorbei, um dann von hinten doch noch einzu­stei­gen. Manch­mal habe ich den Eindruck, dass nur die Schüch­tern­den ins Bordell gehen. Und dieje­ni­gen, die mit ihren großen Autos irgend­was kompen­sie­ren müssen. Ich habe schon alle mögli­chen Männer hier herge­bracht. Den Schüch­ter­nen und den asia­ti­schen Studen­ten, die vier lauten Araber und den Anzug­trä­ger mit Akten­kof­fer.
Mitt­ler­weile bieten sie hier vormit­tags sogar Früh­stück an. Und zwei­mal die Woche wird im Garten gegrillt. Vorher aber muss man den Eintritt zahlen. Ist also nichts für mich.

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3 Kommentare

  1. Ich war da mal drin. Ich musste derma­ßen DRIN­GEND auf’s Klo und habe mich auch geziert. War auch irgend­wie komisch. Man muss durch irgend­wel­che Umklei­de­ka­bi­nen mit halb­nack­ten Menschen und fühlt sich fremd. Wenigs­tens war für mich der Eintritt frei.

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