Terrorgefahr durch Flugverbot gebannt?

Poli­tik in Deutsch­land, vor allem in Berlin, ist oft nicht von Klug­heit und Weit­sicht bestimmt. Wich­ti­ger sind kurz­fris­tige Anlie­gen, oft popu­lis­ti­scher Natur, die bestimmte Gesetze und Verord­nun­gen hervor­brin­gen. Ein aktu­el­les Beispiel dafür ist das Verbot von Privat­flü­gen über der Berli­ner Innen­stadt, das seit dem 1. August in Kraft ist. Vor allem der Noch-Verkehrs­mi­nis­ter Manfred Stolpe war es, der durch­ge­setzt hat, dass es inner­halb weni­ger Tage beschlos­sen wurde und kurz­fris­tig in Kraft treten konnte. Viel­leicht wollte er sich so kurz vor der Bundes­tags­wahl einfach mal posi­tiv ins Gespräch brin­gen, damit er nicht nur mit seiner ewig währen­den Toll­haus-Coll­ect-Pleite in Zusam­men­hang gebracht wird. Doch der posi­tive Effekt ist dane­ben gegan­gen.

Was war passiert? In London explo­dier­ten im Juli inner­halb von zwei Wochen mehr­mals Bomben in Bussen und U‑Bahnen, die Täter sind funda­men­ta­lis­tisch-isla­mi­sche Terro­ris­ten. Im selben Monat stürzt ein Bran­den­bur­ger mit einem Klein­flug­zeug auf den Rasen vor dem Reichs­tag ab, wahr­schein­lich war es ein Selbst­mord.
Nun fällt Poli­ti­kern und Presse auf, dass das Regie­rungs­vier­tel ja auch Ziel von Terror­an­schlä­gen werden könnte, zumal es gerade aus der Luft hervor­ra­gend angreif­bar ist. Von mehre­ren in und um Berlin gele­ge­nen Flug­hä­fen könn­ten Terro­ris­ten mit Klein­flug­zeu­gen abhe­ben und sich in Kami­ka­ze­ma­nier in eines der vielen Regie­rungs­ge­bäude stür­zen. Da viele von denen aus groß­flä­chi­gen Glas­fas­sa­den bestehen, ist eine erhöhte Wirkung sicher, weil man nicht nur an der Außen­mauer zerschellt, sondern evtl. bis ins Innere eines Gebäu­des durch­bre­chen kann.
Also musste flugs ein Erlass her, der genau das verhin­dert oder erschwert. Es wurde beschlos­sen, inner­halb des S‑Bahn-Ring keine Privat­flüge mehr zu erlau­ben. Falls doch mal ein Flie­ger in diesen Bereich eindringt, hat er mit Strafe zu rech­nen. Bestimmt hätte der Selbst­mord des Pilo­ten damit verhin­dert werden können, schließ­lich will er seinen Hinter­blie­be­nen ja nicht noch das hohe Bußgeld verma­chen. Und auch die Terro­ris­ten von Al Qaida sind durch ein solches Flug­ver­bot sicher effek­tiv an Anschlä­gen gehin­dert. Oder etwa nicht?
Wie lächer­lich und unef­fek­tiv diese Flug­ver­bots­zone ist, zeigt sich, wenn man sich den Verlauf des S‑Bahn-Rings ansieht: Im Norden beträgt der Abstand zwischen Kanz­ler­amt und der Stre­cke im Wedding gut 1,5 Kilo­me­ter. Wie lange braucht ein Flug­zeug dafür? Selbst, wenn man eindrin­gend Flug­zeuge per Hubschrau­ber abdrän­gen wollte, würde die Zeit niemals reichen, um auch nur recht­zei­tig aufzu­stei­gen, geschweige denn, den Angrei­fer zu behin­dern.
Auch die Flug­zeit von der Flug­ver­bots­grenze im Süden am Tempel­ho­fer Damm zum Regie­rungs­vier­tel beträgt kaum mehr als eine Minute. Natür­lich stört es die Poli­ti­ker auch nicht, dass Fach­leute wie die Deut­sche Flug­si­che­rung die Wirk­sam­keit dieses Erlas­ses bezwei­feln.
Aber eine Auswir­kung hat das neue Flug­ver­bot trotz­dem: Der Fessel­bal­lon Hi-Flyer neben dem Pots­da­mer Platz ist eben­falls davon betrof­fen, da er als Flug­ge­rät gilt. Immer­hin könn­ten Terro­ris­ten von dort ja mit einer Panzer­faust… Oder so. Die beliebte Touris­ten­at­trak­tion wurde jeden­falls zum 31. Juli gesperrt, auch die zahl­rei­chen ande­ren Anbie­ter priva­ter Rund­flüge stehen nun vor dem Aus. Oder sie zeigen den Touris­ten zur Abwechs­lung statt den Reichs­tag mal Reini­cken­dorf oder Lich­ten­berg von oben. Ist doch auch schön.
Übrig bleibt wieder mal das Gefühl, von poli­ti­schen Amateu­ren regiert zu werden, die die Auswir­kun­gen ihres Handelns gar nicht vorher­se­hen. Takti­scher Popu­la­ris­mus steht gegen lang­fris­tige Konzepte — leider auch in der Sicher­heits­po­li­tik. Wie schon oft haben die Falschen darun­ter zu leiden. Denn dieje­ni­gen, gegen die z.B. das Flug­ver­bot gemacht ist, werden sich dadurch in ihren Atten­tats­plä­nen natür­lich nicht behin­dern lassen.

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