Ludwig Lenz: “…und gelan­gen in die Acker­straße, die einen Teil des so verschriee­nen Vogt­lan­des bildet, in dessen Bereich der Abde­cker wohnt, der Raben­stein steht und das der Berli­ner als Sitz des Verbre­chens und Elends zu betrach­ten gewohnt ist. Die Straße, durch die wir schrei­ten, ist nicht gepflas­tert, Dünger­hau­fen, Tümpel, Vertie­fun­gen machen den Weg zu einer Prome­nade sehr unge­eig­net. Die meist einstö­cki­gen Häuser, von schmut­zi­gem Ausse­hen, sind durch lange Bret­ter­zäune, die Gemü­se­gär­ten einschlie­ßen, getrennt oder durch wüstige Stel­len, die sich bis in das freie Feld erstre­cken. Blasse Kinder, mit den Emble­men der Armut und der Krank­heit, spie­len im Sande, schlu­gen Rad und bemü­hen sich, ihre Lumpen noch lumpi­ger zu machen. Vor einem isoliert stehen­den Haus sehen wir einen größe­ren Haufen Kinder versam­melt. Durch eine nied­rige Tür treten wir in ein klei­nes Gemach. Es sind nur wenige Leute darin, meist Tröd­ler und Hausi­rer der unters­ten Gilde. Auf die hier zu verstei­gern­den schlich­ten, aber dauer­haf­ten Möbel wurden nur wenige Groschen gebo­ten. In der Ecke steht eine schlanke, blasse Frau, in ärmli­cher, aber saube­rer Klei­dung. Sie trägt auf dem Arm ein einjäh­ri­ges Kind, ein ande­res, ein Knabe von unge­fähr sechs Jahren, hält sich an ihrer Schürze. Alle diese Dinge, die jetzt für einen gerin­gen Preis in die Plun­der­kam­mer der Tröd­ler wandern, waren einst ohne Zwei­fel ihr liebes und wert­ge­hal­te­nes Eigen­tum. Auf ihrem Ange­sichte stand in lesba­ren Zügen die Geschichte ihres Unglücks geschrie­ben.”

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