Antisemitische Taxifahrer

Aus den Polizeimeldungen: „Heute Vormittag wurden zwei Männer in Neukölln beleidigt. Ihren Angaben zur Folge befanden sie sich kurz nach 11 Uhr vor einem Hotel in der Sonnenallee Ecke Ziegrastraße als plötzlich ein 28-Jähriger an sie herantrat und sie antisemitisch beleidigte. Die beiden 38 und 50 Jahre alten Sicherheitsmitarbeiter, die für die Maccabi Games eingesetzt sind, alarmierten daraufhin Polizisten, die dort vor dem Hotel eingesetzt waren. Der staatenlose Tatverdächtige wurde noch vor Ort vorläufig festgenommen.
Weiterhin hat der Polizeiliche Staatsschutz beim Landeskriminalamt Berlin die Ermittlungen zu einem Vorfall von gestern Abend in Neukölln aufgenommen. Dazu meldeten sich heute Morgen, gegen 8.30 Uhr sechs Männer im Alter von 18 bis 23 Jahren bei der Polizei Berlin und zeigten an, dass sie gestern, gegen 22 Uhr, vor dem S-Bahnhof Sonnenallee von zwei Jugendlichen antisemitisch beleidigt worden sein sollen. Als die Männer, die vom äußeren Erscheinungsbild offensichtlich dem jüdischen Glauben zugehörig sind, die Treppe zum Bahnhof hochgelaufen waren, soll neben einem der sechs Männer ein Gegenstand auf dem Boden aufgeschlagen sein. Die Tatverdächtigen entkamen unerkannt.“

Seit Anfang vergangener Woche finden in Berlin die Maccabi Games statt, der größte Sportwettkampf hauptsächlich europäischer Juden. Die Makkabiade ist für die Sportler und ihre Fans ein riesiges Fest, ähnlich wie die Olympischen Spiele. 1.000 von ihnen wohnen eine Woche lang im Neuköllner Hotel Estrel in der Sonnenallee. Aus Sicherheitsgründen sind alle Zufahrten gesperrt, die Gäste werden schon vorn an der Straße durchsucht und müssen dann zu Fuß zum Hotel gehen. Ich stand seit letzter Woche mehrmals dort, um Fahrgäste zu bekommen. Immer erfolreich und immer lohnend. Denn im Hotel hat es sich wohl schon rumgesprochen, dass es im nahen Kiez manch einen gibt, der Juden gegenüber negativ eingestellt ist, wie auch die Polizeimeldungen dokumentieren. Man mag die Ablehnung des Staates Israel durch Palästinenser nachvollziehen können, doch die Sportler bei den Maccabi Games sind zum weitaus größten Teil aus anderen Ländern. Dass sie trotzdem beleidigt und angegriffen werden, ist daher kein Ausdruck des Protestes gegen die israelische Siedlungspolitik, sondern Antisemitismus. Wie schon einst unter den Nazis werden Juden von manchen pauschal als Menschen angesehen, die man angreifen darf.

Als ich mit meinen schweizer Fahrgästen aus Charlottenburg kommend zum Estrel fuhr, erzählten sie, dass sie auf der Hinfahrt zum Restaurant von ihrem Fahrer gefragt worden sind, ob sie zu den „Judensportlern“ gehören würden. Als sie das bejahten, wurde er extrem unfreundlich und aggressiv. Der Fahrer telefonierte dann auf arabisch und schaute dabei immer wieder zu den beiden, offenbar sprach er über sie. Das Ehepaar fühlte sich von dem Mann bedroht, sagte aber nichts, um ihn nicht zu reizen. Leider haben sie sich nicht das Kennzeichen gemerkt.
Als sie mir das erzählten, wurde ich richtig wütend und fluchte über diesen Kollegen. Die Frau sagte, sie wisse ja, dass nur eine Minderheit in Deutschland so dächte. Sie fühlten sich generell in Deutschland sicher. Und sie wäre froh über meine Empörung, weil sie merkt, dass die Äußerungen des Taxifahrers nicht die Meinung aller seien.

Ein paar Stunden später kam ich am Hauptbahnhof mit ein paar Kollegen ins Gespräch. Dort war die Meinung jedoch ähnlich wie bei dem Fahrer meiner Kunden. Arabische und deutsche Kollegen lästerten über die „Judenspiele“, sie würden ganz sicher niemanden „von denen“ mitnehmen. Offenbar vereint der Antisemitismus sogar Araber und rassistische Deutsche.

Diesmal allerdings war ich nicht der Einzige, der dagegen sprach. Zwei andere Kollegen, einer von ihnen Kurde, mischten sich ein und bezeichneten die Äußerungen als das, was sie waren – Antisemitismus. Ihre Argumente, was Israel denn im Nahen Osten machen würde, ließen wir nicht gelten. Es ging hier schließlich nicht um Israel, sondern um Juden, egal woher. Als die vorderen Taxis losfuhren, mussten wir zu unseren Wagen. Ich sagte noch „Übrigens ist Israel die einzige wirkliche Demokratie im Nahen Osten.“ Der arabische Kollege kam daraufhin zurück, stellte sich driekt vor mich und brüllte „Ich scheiße auf deine Demokratie!“ Zwei Kollegen gingen dazwischen, damit es nicht eskalierte, und dann zogen wir alle mit unseren Taxis nach vorn. Ich war von der Reaktion dieses Menschen total erschrocken. Es zeigt doch, wie aggressiv einige Kollegen auftreten, wenn man nicht ihrer Meinung ist. Und ich kann mir vorstellen, dass Fahrgäste, allein mit einem solchen Typen im Auto, erst recht Angst bekommen.

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6 Kommentare

  1. Ich fahre nicht so oft in einem Taxi, nur wenn ich zum oder vom Fernbahnhof oder Flughafen gebracht werden will. Das ist so 4 – 5 Mal in einem Jahr. Also verhältnismäßig oft.
    Ich habe schon eine ganze Weile festgestellt, dass viele arabhische – wahrscheinlich Flüchtlinge bzw. Asylbewerber Taxifahrer geworden sind. Eigentlich ist es gut, wenn den Leuten bei uns geholfen wird und sie hier in Ruhe leben und arbeiten können.
    Was ich jedoch manchmal in den Unterhaltungen erlebe, ist unbeschreiblicher Judenhass, dass mir Angst und bange wird. Ein Taxifahrer scheute sich neulich nicht offen zuzugeben, dass „Deutschland nun mal endlich sein Werk vollenden sollte, was Hitler begonnen hatte!“ Vor Schrecken konnte ich nichts sagen, war ganz still und erweckte den Eindruck nur zuzuhören.
    Er erzählte mir von den guten Beziehungen zwischen Hitler und dem Großmufti in Jerusalem und landete dann bei dem einzigen wirklich guten Politiker Möllemann, der nun ja auch leider nicht mehr leben würde … (?) In der Zwischenzeit fuhr er vom Flughafen Tegel bis zum Stadbezirk Mitte riesige Umwege und als ich im genervt sagte, er solle lieber den kürzesten Weg fahren, ich sei müde und möchte schnell nach Hause. Seine Antwort: er müsse so fahren es sei überall Stau! Aber da wo wir dann fuhren (über Mierendorfplatz, irgenwann Hauptbhf.) war auch nur Stau! Außerdem begründete er, auf seiner Fahrt könne er sich dann auch besser mit mir unterhalten. Dabei sagte ich – wenn überhaupt etwas – nur zu seiner abenteuerlichen Wegfindung. Ich protestierte, weil ich seine „Unterhaltung“ nicht erbeten hatte (sie machte mir eher Angst) und die nicht auch noch bezahlen wolle.
    Vor meiner Haustür angekommen, kassierte er mit großzügigen Gesten nur die 12,-€, so viel wie sonst die Taxifahrt nach Hause immer kosteten.
    Ich war froh, dass ich meine Haustür mit etwas zittrigen Knien erreicht hatte.

  2. Der Satz „Wie schon einst die Nazis werden Juden von manchen pauschal als Menschen angesehen, die man angreifen darf.“ schreit geradezu nach einer Überarbeitung…

    Ansonsten stimme ich zu: Man kann, darf, soll und muss sogar die israelische Politik in Bezug auf Palästinenser kritisieren. Aber daraus gleich sämtliche Juden zu beschuldigen oder beschimpfen ist absolut vermessen. Das wäre so, als würde man jeden Moslem hassen, nur weil es ein paar gewaltbereite Idioten gibt (hier: Extremisten genannt), die Menschen töten wollen.

    Leider sieht es aber heute so aus, als wären die Moslems auf viele Weisen an die Stelle der Juden zu Zeiten Hitlers gedrückt worden.

    Wann kapieren die Leute wohl, dass, weil einzelne Menschen Idioten, Arschlöcher oder schlimmeres sind, das nicht auf deren gesamte Gruppe (Ethnie, Religionszugehörigkeit, Geschlecht, sexuelle Orientierung, Haarfarbe, whatever) zu beziehen ist?!?

    Oder anders gesagt: Wann fangen wir endlich an, uns zu zivilisieren, anstatt zu denken, wir wären schon zivilisiert, nur weil wir technischen Fortschritt haben und das damit verwechseln?

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