Hasspropaganda

Es gibt in Moabit eine Initia­tive, die seit zwei­ein­halb Jahren Menschen unter­stützt, die vor Bomben und Morden in ihrer Heimat geflo­hen sind. Im Sommer 2013 haben Diana Henni­ges und einige andere damit begon­nen, im Flücht­lings­la­ger Levet­zow­straße Sprach­un­ter­richt zu geben. Sie sammel­ten auch Klei­dung, weil viele der Asyl­su­chen­den nichts weiter hatten als das, was sie am Körper trugen.

Die Initia­tive nannte sich “Moabit hilft” und bestand von Anfang an nur aus ehren­amt­lich — also ohne Bezah­lung — arbei­ten­den Moabi­tern. Ihr Antrieb war der reine Anblick des Elends, in dem viele der Flücht­linge steck­ten. Trau­ma­ti­sierte Menschen, körper­lich und seelisch Verletzte, die in unse­rem siche­ren Land kaum ange­mes­sene Unter­stüt­zung erhal­ten.

Im vergan­ge­nen Sommer stieg die Zahl der Hilfe­su­chen­den massiv an, weil der Krieg in Syrien eska­lierte und in Afgha­ni­stan die extre­mis­ti­sche Tali­ban immer mehr Bürger ermor­dete, die sich ihnen nicht anschlie­ßen woll­ten. Die zentrale Asyl­ko­or­di­na­ti­ons­stelle, das Lageso in Moabit, reagierte lange nicht auf die verän­derte Situa­tion. Jeden Tag warte­ten Tausende auf dem Gelände, um Asyl bean­tra­gen zu können, um einen Schlaf­platz zu bekom­men oder einfach nur etwas zum Essen. Das Lageso, also der Berli­ner Senat, beka­men es moan­te­lang nicht orga­ni­siert, diesen Menschen zu helfen.

In dieser Situa­tion kümmer­ten sich die Ehren­amt­li­chen von Moabit hilft darum, dass die Warten­den etwas zu Essen beka­men und in der Hitze was zum Trin­ken. Sie waren es, die Klei­dung verteil­ten, Spiel­zeug für die Kinder, die Hunderte von Schlaf­plät­zen orga­ni­sier­ten und sich auch um die Fahrt zu den Unter­künf­ten oder die weni­gen Erst­auf­nah­me­la­ger kümmer­ten.
Auch eine medi­zi­ni­sche Grund­ver­sor­gung wurde von ihnen aufge­baut, denn nicht mal dies konnte der zustän­dige Sena­tor Mario Czaja orga­ni­sie­ren.

Mehrere zehn­tau­send Menschen sind seit August von Moabit hilft mit Nahrung, Klei­dung und teil­weise Unter­kunft versorgt worden. Man muss sich mal die Dimen­sion klar­ma­chen, um diese Leis­tung einschät­zen zu können, die die Menschen um Diana Henni­ges erbracht haben!
Viele der Helfe­rin­nen und Helfer sind von Anfang an dabei, manche arbei­ten acht, zehn, zwölf Stun­den vor Ort. Sie sind oft ausge­brannt aufgrund der vielen Arbeit sowie der schreck­li­chen Erfah­run­gen, die sie von den Flücht­lin­gen hören. Sie haben auf dem Gelände hunderte Wunden versorgt, Kinder zur Welt gebracht und mehrere Selbst­morde verhin­dert. Ihre psychi­sche Belas­tung ist unvor­stell­bar.

Das nun einer der Helfer vor eini­gen Wochen im Suff behaup­tete, ein Flücht­ling sei gestor­ben, ist natür­lich fatal. Diana Henni­ges hat das zuerst bestä­tigt, weil sie dem Helfer vertraute, der mona­te­lang gute Arbeit geleis­tet hatte. Ohne Vertrauen zuein­an­der ist eine solche Arbeit nicht möglich. Dass es an diesem Tag nicht gerecht­fer­tigt war, ist extrem ärger­lich, aber es ist in Bezug zu all der geleis­te­ten Arbeit von Moabit hilft nur ein Einzel­fall.

Trotz­dem passierte danach, was abseh­bar war: Eine breite Front von Rechts­extre­mis­ten, bürger­li­chen Poli­ti­kern, Trol­len bis vorne­weg zum Innen­se­na­tor begann, auf die Initia­tive einzu­prü­geln. Die einen nahmen das zum Anlass, ihre rassis­ti­sche Hass­pro­pa­ganda verstärkt auch gegen die Helfer zu rich­ten, mit massi­ven Belei­di­gun­gen und Bedro­hun­gen. Die Inten­tion von andren kann nur vermu­tet werden. Viel­leicht ist es ihr schlech­tes Gewis­sen, weil sie selber zu faul sind zum helfen? Mit dem Finger auf andere zeigen und nach­tre­ten, wenn die mal stol­pern, lenkt gut von der eige­nen Unfä­hig­keit ab.

Der Innen­se­na­tor Frank Henkel (CDU) schlug sofort zu, nannte das “eine der mieses­ten und perfi­des­ten Aktio­nen”, die er jemals erlebt habe. “Wer solche Gerüchte streut und unge­prüft weiter­ver­brei­tet, legt es bewusst darauf an, die Stim­mung in unse­rer Stadt zu vergif­ten.”

Das was zur Zeit in Medien und Kommen­ta­ren an “Kritik” gegen Moabit hilft verbrei­tet wird ist jeden­falls oft nichts als Hass­pro­pa­ganda, egal in welcher Verpa­ckung sie daher kommt. Es geht nicht darum, keine Kritik zuzu­las­sen, aber Kritik und Hetze sind unter­schied­li­che Dinge. Hetze als Kritik verpackt ist trotz­dem Hetze.

Ein Licht­blick ist, dass trotz der Angriffe die Unter­stüt­zung der Helfe­rin­nen und Helfer weiter geht. Moabit hilft wird von Künst­lern und weiter­hin zahl­rei­chen Ehren­amt­li­chen unter­stützt, mit Geld, Mate­rial und Arbeits­kraft. Das zeigt, dass die Hass­pro­pa­ganda nicht fruch­tet. Gut so!
moabit-hilft.com
Soli­da­ri­täts­er­klä­rung vom Flücht­lings­rat

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3 Kommentare

  1. Moin, moin,
    ange­sichts der vielen vielen Menschen, die sich nicht nur in Berlin enga­gie­ren um den Flücht­lin­gen zu helfen und ohne die wohl nix funk­tio­niert hätte, bin ich tatsäch­lich das erste Mal ein wenig stolz, was Deutsch­land hier leis­tet. Das lässt sich durch einzelne Nega­tiv­erschei­nun­gen nicht kaputt­ma­chen.
    Aber: Trolle sind nicht weni­ger schlimm als die Rassis­ten. Das sind doch die geis­ti­gen Brand­stif­ter und immer öfter auch selbst bei Anschlä­gen aktiv!
    Gruß Frank

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