Geschichte in Steglitz

1920 wurde der Bezirk Steglitz gebildet, zu dem auch Lichterfelde, Südende und Lankwitz gehörten. In den 70er Jahren war Steglitz modern – vor allem wegen seinen Einkaufsmöglichkeiten in der Schlossstraße und wegen des Bierpinsels. Das ist aber Vergangenheit, heute gilt Steglitz für viele Berliner als langweilig. Ob dies auf das Leben dort zutrifft, darüber kann man streiten. Vielleicht sind die hippen Stellen einfach nicht so öffentlich. Interessante, vor allem historische Orte aber hat Steglitz noch allemal zu bieten. Hier eine kleine Übersicht.

Wrangel-Schlösschen
Das Gutshaus wurde um 1804 erbaut und stand damals mitten im Zentrum des Dorfes Steglitz. Bauherr war Karl Friedrich von Beyme, deshalb hieß das Gebäude damals auch „Beyme-Schlösschen“. Beyme wurde dafür bekannt, dass er Land an seine Bauern verschenkte. Nach seinem Tod wurde das Haus und die Grundstücke verkauft und in Parzellen aufgeteilt, die dann schrittweise bebaut wurden. Der Name Wrangel geht zurück auf den Oberkommandierenden Feldmarschall von Wrangel, der an der Niederschlagung der 1848er Revolution beteiligt war und der zu dieser Zeit hier lebte. Obwohl es sich um ein Herrenhaus handelt, wurde es als Schloss bezeichnet und gab der Steglitzer Schlossstraße ihren Namen.
(Schlossstr. 48)

Fichtenberg
Hinter dem Wrangel-Schlösschen entstand auf dem ehemaligen Gutspark um 1871 eine Villenkolonie, die bis heute einen besonderen Reiz ausübt. Besonders markant ist heute der Wasserturm von 1876 mit dem meteorologische Institut der Freien Universität.
(Rothenburgstraße, Zeunepromenade)

Blindenbildungsanstalt
1806 gegründet ist sie die älteste Blindenschule Deutschlands, benannt nach ihrem Gründer Johann Zeune. 1877 wurde das heute noch bestehende Gebäude errichtet. Teil der Anlage ist auch die Silex-Schule, die ursprünglich von der blinden Lehrerin Betty Hirsch geleitet wurde. Sie wurde als Jüdin 1934 gezwungen, die Schule auf die Stadt zu übertragen.
(Lepsiusstr. 14 / Rothenburgstr. 107)

Landhaus Steinberg
1906 zog die Jüdische Blindenanstalt in das neu gebaute Landhaus Steinberg ein. Während der Pogromnacht 1938 wurde es von Nazis gestürmt und verwüstet. 1942 zwangsgeräumt diente es nun als Dienststelle der Gestapo. Katholische Ordensschwestern erwarben das Gebäude 1953 und bauten es zu einem Kinderheim um.
(Wrangelstr. 6)

Botanischer Garten
Der Botanische Garten befand sich ursprünglich auf dem Gelände des heutigen Kleistparks in Schöneberg. Aus Platzgründen wurde er dort jedoch geschlossen und erhielt einen Teil der Domäne Dahlem. Von 1897 bis 1909 dauerte die Anlegung des Gartens, dem auch ein Botanisches Museum angeschlossen ist.
(Königin-Luise-Platz)

Rosenkranz-Basilika
Unscheinbar zwischen Schlossstraße und Stadtautobahn gelegen steht die Basilika. In der 1900 gebauten Kirche fanden in der Nachkriegszeit die Gottesdienste des Bischofs von Berlin statt, weil die Hedwigskirche in Mitte zerstört war.
(Kieler Str. 11)

Siemens-Villa
1914 in der Villenkolonie Lankwitz errichtet gleicht die Villa mit ihren sechs zweistöckigen Säulen einem Schloss. Werner Ferdinand von Siemens, Enkel des Firmengründers, erwarb sie 1925, heute ist sie ein öffentliches Haus.
(Gärtnerstr. 25)

Rauchlose Stadt
Die berühmten Architekten Mebes und Emmerich errichteten 1930 dieses Wohnviertel. Es hat seinen Namen deshalb, weil es hier keine qualmenden Schornsteine gab: Geheizt wurde mit Fernheizung, gekocht auf Elektroherden.
(Steglitzer Damm / Munsterdamm)

Hauptkadettenanstalt
Das Gelände war eine Geschenk des Lichterfelder Gründers Carstenn. Bis 1878 entstand der Kasernenkomplex, der die Kadettenanstalt beherbergte. Kadetten waren nicht-adlige Jugendliche, die erstmals 1717 in solchen Anstalten zu Offizieren ausgebildet werden konnten. Während der Weimarer Zeit befand sich hier ein Realgymnasium für Jungen. Ab 1933 nutzte dann die „SS-Leibstandarte Adolf Hitler“ den Komplex als Kaserne. Hier fanden im Zusammenhang mit dem „Röhm-Putsch“ 1934 zahlreiche Erschießungen statt. Von 1945 bis Anfang der 1990er Jahre befanden sich hier die „Andrew Barracks“, eine Kaserne der US-Army
(Finkensteinallee 63)

Gardeschützen-Kaserne
1884 wurde diese Kaserne für das Gardeschützen-Bataillon errichtet. Während der NS-Zeit diente sie der Heeresfeuerwerkerschule und seit 1945 als „Roosevelt Barracks“ der US Army als Kaserne. 2003 zog eine Abteilung des Bundesnachrichtendienstes von Pullach nach Berlin in die ehemalige Gardeschützen-Kaserne.
(Gardeschützenweg 71-101)

Gymnasium Steglitz
Das Gymnasium, das 1886 eingeweiht wurde, brachte zahlreiche wichtige Persönlichkeiten hervor. Einige Schüler wurden bekannte Architekten, Bürgermeister, Philosophen oder Schriftsteller. Während der NS-Zeit konnte es als Humanistisches Gymnasium erhalten werden.
(Heesestr. 15)

Titania-Palast
Wo sich heute das Forum Steglitz in den Vordergrund drängt, begann 1928 der Titania-Palast als Kinotheater mit 1500 Plätzen. 1945 fand hier das erste Konzert der Berliner Philharmoniker nach dem Krieg statt, drei Jahre später wurde in dem Saal die Freie Universität gegründet. Von 1945 bis 1953 diente es der US Army, heute ist hier wieder ein Kino untergebacht.
(Schlossstr. 4-5)

Pfarrhaus der Martin-Luther-Gemeinde
Hier befand sich die Vorläufereinrichtung des „Büros Grüber“, die „Hilfsstelle für evangelische Rasseverfolgte“. Der Pfarrer Heinrich Grüber hatte es 1936 eingerichtet, um konvertierten Juden die Ausreise aus Deutschland zu ermöglichen.
(Hortensienstr. 18)

Dorfkiche Lichterfelde
Während des Dreißigjährigen Kriegs wurde die aus dem 14. Jahrhundert stammende Kirche zerstört, seitdem ist sie mehrmals umgebaut worden. Ihr heutiges Aussehen erhielt sie erst 1939 durch die Veränderung der einstigen spitzbogigen Fenster. Die Windfahne auf dem Dach beinhaltet das Kranischwappen der Familie Danckelmann, die hier um 1700 Gutherren waren. Die Kirche steht mitten auf dem Mittelstreifen des Hindenburgdamms, direkt daneben befindet sich auch der Dorffriedhof mit dem Grab von Johann von Carstenn, dem Gründer des Villenvororts Groß-Lichterfelde.
(Hindenburgdamm)

Carstenn-Schlösschen
Johann Carstenn war ein Großgrundbesitzer, dem u.a. Lichterfelde, Giesensdorf sowie Teile von Friedenau und des Ritterguts Wilmersdorf gehörten. Das Gutshaus an der Lichterfelde Dorfaue wurde 1868 von Carstenn bezogen und nach ihm benannt. Zu diesem Zeitpunkt war es bereits mehr als 100 Jahre alt.
(Hindenburgdamm 28)

SS-Wirtschafts- und Verwaltungsamt
Bis 1945 beherbergte der Gebäudekomplex u.a. die Zentralverwaltung zur Organisation und wirtschaftlichen Nutzung der Konzentrationslager. Von 1940 bis 1942 befand sich hier außerdem ein provisorisches Außenlager des KZ Sachsenhausen, das dann aber in die Wismarer Straße umzog.
(Unter den Eichen 128-135)

KZ-Außenlager
Nahe des Teltowkanals befand sich 1942 bis 1945 ein Außenlager des KZs Sachsenhausen. Bis zu 1500 Häftlinge wurden von hier aus zur Arbeit in SS-Dienststellen in Berlin eingesetzt.
(Wismarer Straße / Ortlerweg)

Bundesanstalt für Materialprüfung
In dem Gebäude von 1904 befindet sich die „BAM“, die bereits 1876 als „Versuchsanstalt zur Prüfung der Festigkeit von Stahl und Eisen“ gegründet wurde.
(Unter den Eichen 87)

Stubenrauch-Krankenhaus
Das Stubenrauch-Krankenhaus bezog den Neubau im Jahr 1900. Benannt wurde es nach dem Stadtrat von Teltow, der den Bau des Krankenhauses organisiert hatte. Von 1924 an fanden hier Lebensmitteluntersuchungen statt. Zwischen 1939 und 1945 diente des der SS als Lazarett, danach als Krankenhaus der US Army. Seitdem nutzt Bundesanstalt für Materialprüfung das ehemalige Krankenhaus.
(Unter den Eichen / Fabeckstraße)

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5 Kommentare

  1. Kurze Anmerkung zu WVHA und Außenlager Lichterfelde (Wismarer Str.). Der Text zum WVHA suggeriert mit dem Satz: „Von 1940 bis 1942 befand sich hier außerdem ein provisorisches Außenlager des KZ Sachsenhausen, das dann aber in die Wismarer Straße >>umzog<<." – das das Lager Lichterfelde, Wismarer Str. nur eine Fortsetzung des Lagers in der Straße Unter den Eichen war und das erstere Lager aufgelöst wurde. Dem ist aber nicht so. Es zogen weder Häftlinge um, also keine personelle Kontinuität, noch waren es die SS-Leute die "umzogen". Lichterfelde, Wismarer Str. war ein Lager mit ganz anderer Konzeption und deshalb nicht die Fortsetzung des "provisorischen" Lagers des WVHA. Die Baracke im Hof des WVHA war ein Außenlager von Sachsenhausen und dieses hatte ganz andere Aufgaben als das von der Wismarer Straße.
    Siehe dazu meine Broschüre: "Das Außenlager Lichterfelde, 2001 Berlin" ISBN: 3-9807777-0-7

  2. Mit großer Überraschung las ich die Info. über das Landhaus Steinberg.Von 1933 bis zum Wegzug meiner Mutter, 1967 wohnten wir im Haus gegenüber, Wrangelstraße 10. Von einer angeblichen
    Stürmung und Verwüstung in der grauenvollen
    Progromnacht hätten wir in der damals idyllisch stillen Straße etwas mitbekommen!
    Das Haus wurde bis zur „Verlegung“ der
    weiter dort lebenden blinden Juden 1942
    bewohnt.Danach zog die Gestapo dort ein.
    Mich würde interessieren, von wem 1953
    die katholischen Ordensschwestern das
    Haus erwarben!
    Mit freundlichem Gruß,
    Dr.Rommel

    .

  3. Sorry für´s Schulmeistern aber Schloß gehört zu den Wörtern, die auch nach neuer Rechtschreibung weiterhin mit „ß“ geschrieben werden und somit auch die Schloßstraße und das Wrangelschlößchen. Hier hat sich wohl Jemand von der falschen automatischen Rechtschreikorrektur irritieren lassen.
    Sabine Ebel

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