Small Talk mit dem Nazi-Rapper

Anfang vergan­ge­ner Woche glau­ben viele Hörer des Radio­sen­der Kiss FM nicht rich­tig zu hören: In der Sendung Face­talk wurde mit Makss Damage der bekann­teste rechts­extre­mis­ti­sche Nazi-Rapper Deutsch­lands per Tele­fon inter­viewt. Die Tatsa­che an sich wäre nicht schlimm, wenn „Lukas und Toyah“ kritisch an das Gespräch heran­ge­gan­gen wären. Tatsäch­lich aber hiel­ten sie einen 30-minü­ti­gen Small Talk mit dem beken­nen­den Neonazi ab, der in seinen Liedern Propa­ganda abson­dert, wie „Europa erwa­che! Deine Kinder warten, die weiße, die arische Rasse“, der aus einem linke Jugend­zen­trum ein KZ machen will und der davon schwa­dro­niert, Gift­gas „lyrisch“ in jüdi­sche Sied­lun­gen zu leiten. Zahl­rei­che seiner Veröf­fent­li­chun­gen wurden bereits juris­tisch verfolgt, andere stehen auf dem Index.

Julian Frit­sch, wie der 28-Jährige mit bürger­li­chem Namen heißt, bekennt sich seit Jahren zu seiner Gesin­nung und tritt vor allem auf Veran­stal­tun­gen der Rechts­extre­mis­ten auf. Warum der zum Thema Deutsch­land über­haupt zum Gespräch einge­la­den worden war, konnte der Sender nicht erklä­ren. Dem eben­falls einge­la­de­nen jüdi­schen Autor Shahak Shapira, der sich im Vorfeld beschwerte, wurde ange­bo­ten, das Gespräch doch abzu­sa­gen!

Er einigte sich mit der Redak­tion darauf, dass er zuge­schal­tet wird, so dass wenigs­tens er dem Nazi kritisch begeg­nen könn­ten. Doch dazu kam es nicht. Die Inter­viewer führ­ten das Gespräch mit Damage auf der Ebene „Pizza oder Döner?“, statt ihn z.B. mit seinen Buchen­wald-Äuße­run­gen zu konfron­tie­ren. Mit kriti­schen Fragen sollte er nicht beläs­tigt werden, so dass Shapi­ras Leitung erst frei­ge­schal­tet wurde, als der Nazi schon nicht mehr in der Sendung war.

Kiss FM recht­fer­tigte sich damit, dass man ja nicht nur einen Neonazi, sondern auch einen Juden in der Sendung hatte. Offen­bar soll das heißen, dass es sich wieder ausgleicht? Auf die folgende Kritik von zahl­rei­chen Hörern ging der Sender nicht ein, ebenso nicht auf Shahak Shapi­ras Frage, wieso ihm die Gele­gen­heit nicht gege­ben wurde, sich direkt mit Makss Damage ausein­an­der­zu­set­zen. Also war die vorhe­rige Zusage eine Lüge.

In einer Zeit, in der Faschis­ten wieder stär­ker werden, CDU-Funk­tio­näre von „Umvol­kung“ reden und die Poli­zei Nazi-Demons­tran­ten einen erfolg­rei­chen Tag wünschen, wundert es auch nicht mehr, wenn Jugend­sen­der Neona­zis als ganz normale Gäste zu Wort kommen lassen. Dass sie die folgende Kritik igno­rie­ren, kann nur bedeu­ten, dass sie ihr Handeln noch immer rich­tig finden. Dies aber ist nicht nur dumm und zeigt die Verblö­dung durch bestimmte Medien, sondern es stellt auch eine Verharm­lo­sung von Neona­zi­pro­pa­ganda dar. Die Entpo­li­ti­sie­rung solcher Leute stellt sie als normale Bürger hin, obwohl sie Massen­mord und Holo­caust, Kriegs­hetze und die Ermor­dung von Demo­kra­ten propa­gie­ren.

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1 Kommentar

  1. moin, moin,
    ich gehe sogar noch weiter und möchte sagen, dass die Mode­ra­to­ren sich damit direkt outen und sich ja ganz offen­sicht­lich zu dem Rapper und seinen Aussa­gen beken­nen, wenn man über Pizza und Döner plau­dert und nichts zu den Texten (die ich nicht kenne) sagt. Dass sogar der Sender das deckelt, bedeu­tet, es wird klar, wo die Draht­zie­her mitt­ler­weile über­all sitzen.
    Gruß Frank

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