Gefahr für Deutschland – das Problem ist nicht der Populismus

In der vergan­ge­nen Woche ließ der Frak­ti­ons­vor­sit­zende der „Alter­na­tive für Deutsch­land“ in Thürin­gen die Hüllen fallen. Bei einer Rede in Dres­den verdammte Björn Höcke, dass in der Bundes­re­pu­blik an die Verbre­chen des Holo­causts gedacht wird und er forderte eine 180-Grad-Wendung.

Es ist das glei­che, das Neona­zis schon seit Jahr­zehn­ten tun: Sie leug­nen die indus­tri­elle Vernich­tung der Juden in Europa genauso wie die Kriegs­schuld von Hitlers Regie­rung. 6 Millio­nen ermor­dete Juden, 50 Millio­nen gefal­lene Solda­ten, das wird für immer ein brau­ner Fleck sein in der deut­schen Geschichte. So manchem wird die Erin­ne­rung daran zu viel, er würde diesen Teil unse­rer Geschichte gerne verges­sen machen. Aber das ist nicht möglich, die eigene Vergan­gen­heit kann man sich nicht aussu­chen. Man muss sich mit ihr ausein­an­der­set­zen und eine eigene Meinung dazu entwi­ckeln. Wer Hirn und Herz hat, distan­ziert sich vom Natio­nal­so­zia­lis­mus und auch von dessen Auswüch­sen, wie Natio­na­lis­mus und Rassis­mus. Denn sie waren die Werk­zeuge, mit denen die deut­sche Bevöl­ke­rung damals zur „Volks­ge­mein­schaft“ verführt wurde. Und es gibt sie noch heute, teil­weise in abge­än­der­ter Form.

Rassis­mus äußert sich immer noch als Anti­se­mi­tis­mus, aber auch in der Ableh­nung des Islam und von Menschen aus ande­ren Kultu­ren. Da werden Afri­ka­ner noch immer als Neger bezeich­net, Araber und Türken als Schwarz­köpfe, Viet­na­me­sen als Fitschis.

Der Natio­na­lis­mus ist die andere Seite der glei­chen Medaille. In Ungarn, Frank­reich, Polen, Öster­reich, den Nieder­lan­den, Däne­mark und jetzt auch in den USA: Über­all kommen Kräfte an die Macht, die ihr Land aus Bünd­nis­sen mit ande­ren Staa­ten heraus­lö­sen wollen. Die AfD in Deutsch­land, die Front Natio­nal in Frank­reich und all die ande­ren möch­ten die Euro­päi­sche Union zerstö­ren. Wie Donald Trump sagen sie: „Unser Land zuerst!“ Dabei wurde die EU als Konse­quenz aus den Erfah­run­gen mit dem unheil­vol­len Natio­na­lis­mus der vergan­ge­nen Jahr­hun­derte gegrün­det, der immer wieder zu Krie­gen geführt hat. Bis hin zu den beiden Welt­krie­gen mit zig Millio­nen Opfern. Wer dies rück­gän­gig machen will, wer sein Land aus solchen Bünd­nis­sen heraus­lö­sen will, nimmt auch wieder Kriege in Kauf. Natio­na­lis­mus führt zum Krieg, denn es kann nicht funk­tio­nie­ren, dass jedes Land „vorn“ steht.

Der Rassis­mus, gegen Juden, Moslems, Arabern usw. ist dabei die Taktik, um die Bevöl­ke­rung auf die eigene Seite zu krie­gen. „Seht her, die sind anders als ihr. Sie haben dunk­lere Haut, schwarze Haare und Bärte. Sie spre­chen nicht unsere Spra­che und sie beten anders als wir. Sie sind anders und sie sind schlech­ter!“ Wie immer wieder in der Geschichte wird eine Minder­heit zum Feind­bild gestem­pelt. Sie versu­chen so, wieder eine Art Volks­ge­mein­schaft zu konstru­ie­ren, die sich abgrenzt von „den Frem­den“.

An erster Stelle prak­ti­ziert das die AfD. Sie wird in der Öffent­lich­keit noch immer als „rechts­po­pu­lis­tisch“ bezeich­net, aber dieser Begriff ist falsch. Popu­lis­mus ist eine Taktik, kein Inhalt. Es ist die Form des Auftre­tens, bei der man angeb­lich „die Spra­che des Volkes“ spricht. Die Argu­mente werden sehr ober­fläch­lich vermit­telt, einfa­che Lösun­gen verspro­chen. Das haben nicht nur die Rech­ten drauf, sondern das begeg­net uns über­all. In der Poli­tik sehen wir das bei allen Parteien, auch bei den Grünen, den Linken, SPD, CDU und FDP. Die Feind­bil­der sind unter­schied­lich, für die einen sind es Flücht­linge, für die ande­ren Fleisch­esser, Auto­fah­rer oder Auto­geg­ner.

Auch die meis­ten Reli­gio­nen sind popu­lis­tisch, sie verspre­chen das Seelen­heil, wenn man nur an den rich­ti­gen Gott glaubt und irgend­wel­che Riten prak­ti­ziert.
Nicht anders sieht es in den Medien aus, die Gelbe Presse, RTL oder Dudel­funk, es geht um Unter­hal­tung, nicht um Ausein­an­der­set­zung mit gesell­schaft­li­chen Fragen. Es ist Volks­ver­dum­mung, genau das glei­che, das man eben in der Poli­tik findet.

Die AfD aber als popu­lis­tisch zu bezeich­nen, ist verharm­lo­send. Es stimmt zwar, aber sie ist weit mehr. Anders als mili­tante Neona­zi­grup­pen oder die NPD gibt sie sich zwar eine bürger­li­che Fassade, aber im Kern ist auch sie eine faschis­ti­sche Partei. Sie ist ein Sammel­be­cken von Rech­ten, durch­aus auch gemä­ßig­ten Rech­ten, aber diese haben nur die Funk­tion, Masse zu stel­len. Nur mit vielen Mitglie­dern können sie auch erfolg­reich an Wahlen teil­neh­men. Die massen­haf­ten Äuße­run­gen der wich­ti­gen Funk­tio­näre jedoch zeigen die wirk­li­che Gesin­nung der AfD. Sie fordern, Flücht­linge notfalls an den Gren­zen zu erschie­ßen, wenn sie nach Deutsch­land wollen (Bundes­vor­sit­zende Frauke Petry und Beatrix von Storch). Sie wollen, dass der Nazi-Begriff „völkisch“ wieder in den allge­mei­nen Sprach­ge­brauch über­nom­men wird (Petry). Bernd Pachal (Marzahn-Hellers­dorf) würdigt die Rolle des SS-Mannes Rein­hard Heyd­rich. Gott­fried Klasen (Hessen) bezich­tigt die Juden, dass sie die poli­ti­sche Kontrolle über Deutsch­land erlan­gen wollen. AfD-Funk­tio­näre spre­chen bei Demons­tra­tio­nen der NPD und Pegida. Die Sport­pa­last­rede von Björn Höcke in der vergan­ge­nen Woche ist nur der neuste Höhe­punkt in der Selbst­de­mas­kie­rung dieser Partei. Schritt­weise versucht die AfD wieder ein Klima des Hasses in unse­rem Land zu erzeu­gen, indem gegen alle gehetzt wird, die irgend­wie „anders“ sind. Die vielen Ausfälle sind keine Ausnah­men, keine Einzel­fälle, denn sie kommen von denje­ni­gen, die diese Partei führen. Und sie zeigen, dass die Gren­zen nach rechts immer weiter verscho­ben werden. Von ihren Partei­ta­gen wird die bürger­li­che Presse ausge­schlos­sen, demo­kra­ti­sche Regeln werden abge­lehnt. Auch inner­halb der AfD wird schritt­weise das „Führer­prin­zip“ durch­ge­setzt, sehr gut zu beob­ach­ten war dies bei der Macht­über­nahme von Frauke Petry.

Die „Alter­na­tive für Deutsch­land“ ist keine normale Partei. Sie strebt eine Gesell­schaft an, die stark rück­wärts gewandt ist. Wer so massive Hetze betreibt, wer die deut­sche Kriegs­schuld und den Holo­caust rela­ti­viert, ist nicht popu­lis­tisch, sondern rechts­extre­mis­tisch. Wir soll­ten aufhö­ren, diese Partei zu verharm­lo­sen, denn sie ist nicht harm­los. Sie ist eine Gefahr für Deutsch­land.

print

Zufallstreffer

Weblog

Demokratie oder Diskriminierung?

Natür­lich sind mili­tä­ri­sche Aufmär­sche nicht jeder­manns Sache — auch meine nicht. Wenn ich Bilder von “feier­li­chen Gelöb­nis­sen” wie heute im Bend­­ler-Block sehe, asso­zi­iere ich damit auto­ma­tisch die Wehr­machts­pa­ra­den, die man aus alten schwarz-weißen Wochen­­schau-Aufnah­­men kennt. […]

Weblog

Freiwild Frei.Wild

Es kommt vor, dass man seine Meinung zu bestimm­ten Dingen ändert. Im Klei­nen wie auch im Großen. Auch im sehr Großen, im Grund­sätz­li­chen. Dieses Recht muss man jedem Menschen zuge­ste­hen, schließ­lich ist das ein Ausdruck […]

2 Kommentare

  1. Hallo Aro,
    dieser Arti­kel sollte Pflicht­lek­türe in allen Schu­len werden, mit Abprü­fen des Gelern­ten in der nächs­ten Klas­sen­ar­beit.
    Spaß beiseite, das muss nicht gelernt werden, dass muss verin­ner­licht werden. Daran wird es schei­tern. Das Leben mit den Phra­sen von AfD oder wie es jetzt so schön heißt, den alter­na­ti­ven Wahr­hei­ten des Donald aus Washing­ton ist leider so schön einfach.
    Und ja, durch die halb­her­zige Reak­tion auf die Rede von Höcke hat sich die AfD endgül­tig demas­kiert. Wie sich diese Entwick­lung noch aufhal­ten lässt weiß ich aber auch nicht. Leider können Petry und Co. auf einen Boden setzen, in dem ihre Saat immer mehr aufgeht.
    Es ist ja nicht zu verken­nen, dass die Globa­li­sie­rung nur sehr weni­gen die verspro­che­nen Vorteile gebracht hat. Immer mehr Menschen merken, dass sie abge­hängt worden sind und sich niemand wirk­lich für sie inter­es­siert. Die Folge war u.a. der Brexit und ist der “Erfolg” der AfD.
    Gruß Frank

  2. Die Verdum­mung hat Amerika Trump beschert. Da von dort das meiste auch irgend­wann nach Deutsch­land schwappt, sieht es nicht gut aus für uns. Trotz­dem muss man nicht gleich kapi­tu­lie­ren! Deutsch­land hat ein großes rech­tes Poten­zial, aber das bedeu­tet nicht, dass man nichts dage­gen tun kann. Die SPD kann man längst verges­sen, die Links­par­tei ist wohl die einzige wirk­li­che Alter­na­tive für Deutsch­land.

Hier kannst Du kommentieren

Deine Mailadresse ist nicht offen sichtbar.


*