Wer heute auf die Suche nach dem Wilhelmplatz geht, findet stattdessen den Zietenplatz. Doch als Schmuckplatz ist er ebenso verschwunden, wie sein berühmtestes Gebäude, das Hotel Kaiserhof.
Der Wilhelmplatz erstreckte sich von der Wilhelmstraße in Mitte beiderseits der Mohrenstraße bis zur Mauerstraße. Weit ausladend, mit einem geschwungen ausgelegten U‑Bahn-Eingang, mit Rabatten und Spazierwegen war der Platz eine außerordentliche Zierde der Stadt.
Vorbei. In den 70er und 80er Jahren entstand an der nördlichen Seite ein Wohnhaus in typischer Plattenbauweise, der südliche Teil wurde mit der Botschaft der CSSR bebaut (heute die tschechische Botschaft), dahinter bis zur Ecke Glinkastraße entstand die nordkoreanische Vertretung, die hier auch heute noch residiert.
Genau an deren Stelle wurde am 23. November 1943 der Kaiserhof durch mehrere Bombentreffer völlig zerstört. Damit ging ein Herbergskomplex zugrunde, der Jahrzehnte lang als elegantestes Hotel Berlins galt.
Schon am Anfang des Kaiserhofs stand eine Katastrophe: Nur eine Woche nach der Eröffnung im Oktober 1875 brach ein verheerender Brand aus, der erst nach zwei Tagen gelöscht werden konnte. Doch dann begann ein jahrelanger Aufschwung des damals feinsten und modernsten Hotels der Stadt. Es war das einzige, dessen Zimmer elektrisches Licht und sogar Telefon hatten, das über eine Dampfheizung und pneumatische Lifte verfügte. Die Zimmer hatten eigene Bäder, in der Küche werkelten französische Köche an gerade erst erfundenen Gasherden. Das 260-Betten-Haus bot ein besseres Interieur als es selbst des Kaisers Stadtschloss vorweisen konnte, wie Wilhelm I. neidisch bemerkte.
Schnell nahm die höhere Gesellschaft, der Adel und die Regierung das Hotel an, 1878 empfing Otto von Bismarck hier die Staatschefs der europäischen Großmächte. Als Gäste verzeichnete der Kaiserhof in den folgenden Jahrzehnten zahlreiche klangvolle Namen aus Kunst, Kultur, Politik und Wissenschaft. Einer der prominentesten Gäste fiel am Anfang noch gar nicht auf: 1930 bezog Adolf Hitler ein Zimmer, ihm folgte kurz darauf Joseph Goebbels, der wenige Jahre später sein Propaganda-Ministerium einrichten sollte. Bis zur Machtübergabe Anfang 1933 wurde das oberste Stockwerk nach und nach zur Parteizentrale der NSDAP ausgebaut.
Die große Zeit des Kaiserhofs lag eindeutig in den ersten drei Jahrzehnten. Bis 1907 am Pariser Platz das Adlon eröffnete war das Hotel am Wilhelmplatz das luxuriöseste in der ganzen Stadt. Doch dann begann sein langsamer Abstieg, der sich mit dem Ende des Kaiserreichs 1918 verstärkte. Den schlechesten Jahren während des 2. Weltkriegs folgte 1943 die völlige Zerstörung. Anders als beim großen Konkurrenten Adlon blieb vom Kaiserhof nichts übrig außer Ruinen und die Erinnerung an eine sehr ferne glanzvolle Vergangenheit.
Foto oben: Postkarte, um 1900
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