Zufälle

Manche meinen ja, es gäbe keine Zufälle, alles wäre statt­des­sen Vorse­hung von der obers­ten Etage. Da ich aber ein schlech­ter Gläu­bi­ger bin, sind es wohl doch Zufälle, die gerade passie­ren.

Da war vor ein paar Stun­den der mittel­alte Mann, der an den Bushal­te­stel­len am Bahn­hof Zoo herum schlich und in die Müll­ei­mer schaute. Er suchte nach wegge­wor­fe­nen Pfand­fla­schen, damit er sich damit sein mage­res Hartz-4-Gehalt etwas aufbes­sern kann. Ich stand mit dem Taxi am Halte­platz und wartete, dass vorne bei den Kolle­gen endlich Fahr­gäste einstie­gen, damit ich vorrü­cken kann. Als ich den Mann sah, reichte ich ihm meine Halb­li­ter­fla­sche raus, die ich gerade ausge­trun­ken hatte. Norma­ler­weise sammele ich die ja zuhause und ein armer Freund holt die Flaschen ab, wenn das Fach voll ist. Dies­mal aber war eben dieser Mann dran.

Er nahm die Flasche, bedankte sich – und stutzte. Dann fragte er ganz schüch­tern, ob ich manch­mal in der Bahn­hofs­mis­sion arbei­ten würde, um sofort selber die Antwort zu geben: „Ja klar, Du warst schon ein paar­mal bei uns, bei der Essens­aus­gabe! Cool, danke!“

Zwar hatte er recht, aber das ist alles schon ein paar Jahre her, das letzte Mal war’s 2013 oder 2014. „Ich vergesse kein Gesicht“, sagte er. Und wollte wissen, ob ich denn bald wieder da wäre. Ich sagte ihm, dass ich mit einem Freund abends heißen Tee an Obdach­lose in den Parks und unter Brücken verteile, aber er ließ nicht locker. „Komm mal bald wieder, würde mich freuen!“ Dann zog er weiter seiner Wege.
Ich machte mir Gedan­ken, weshalb er mich nach so langer Zeit noch wieder­erkannt hat, aber er war so erfreut, das hat mir selber auch gutge­tan.

Dann kam ich nach Feier­abend nach Hause, las meine E‑Mails und in den weni­gen Blogs, die ich abon­niert habe. Da stand ein Arti­kel, erst wenige Minu­ten alt, von meinem lieben Taxi- und Weblog-Kolle­gen Sash. Er beschreibt eine ähnli­che Situa­tion, als er an einem Bahn­hof eben­falls einem Flaschen­samm­ler begeg­nete und mit ihm ins Gespräch kam. Es war vermut­lich am ande­ren Ende der Stadt, weil Sash vor allem an Bahn­hö­fen in Ost-Berlin steht.

Dabei stellte sich heraus, dass der Mann auch zwei Weblogs liest, das von Sash (Gestern Nacht im Taxi) und Berlin Street. Deshalb: Einen schö­nen Gruß von mir an ihn! Und an Sash. Und erzähle mir bitte niemand, es gäbe keine Zufälle!

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Zufallstreffer

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