Die Kinder von Izieu

Damit auch immer klar bleibt, wessen Geis­tes Kind die Neona­zis von heute sind und warum wir sie bekämp­fen müssen!

Sie war’n voller Neugier, sie war’n voller Leben,
Die Kinder, und sie waren vier­und­vier­zig an der Zahl.
Sie war’n genau wie ihr, sie war’n wie alle Kinder eben
Im Haus in Izieu hoch überm Rhone­tal.
Auf der Flucht vor den Deut­schen zusam­men­ge­trie­ben,
Und hinter jedem Namen steht bitte­res Leid,
Alle sind ganz allein auf der Welt geblie­ben,
Anein­an­der­ge­lehnt in dieser Mörder­zeit.
Im Jahr vier­und­vier­zig, der Zeit der flei­ß’­gen Scher­gen,
Der Spit­zel und Häscher zur Menschen­jagd bestellt.
Hier wird sie keiner suchen, hier oben in den Bergen,
Die Kinder von Izieu, hier am Ende der Welt.

Joseph, der kann malen: Land­schaf­ten mit Pfer­den,
Théo­dore, der den Hühnern und Küh’n das Futter bringt,
Liliane, die so schön schreibt, sie soll einmal Dich­te­rin werden,
Der kleine Raoul, der den lieben langen Tag über singt.
Und Elie, Sami, Max und Sarah, wie sie alle heißen:
Jedes hat sein Talent, seine Gabe, seinen Part.
Jedes ist ein Geschenk, und keines wird man denen entrei­ßen,
Die sie hüten und lieben, ein jedes auf seine Art.
Doch es schwebt über jedem Spiel längst eine böse Ahnung,
Die Angst vor Entde­ckung über jedem neuen Tag,
Und hinter jedem Lachen klingt schon die dunkle Mahnung,
Dass jedes Auto, das kommt, das Verhäng­nis brin­gen mag.

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https://www.youtube.com/watch?v=rrGQZglZFTo

Am Morgen des Grün­don­ners­tag sind sie gekom­men,
Solda­ten in langen Mänteln und Männer in Zivil.
Ein Sonnen­tag, sie haben alle, alle mitge­nom­men,
Auf Last­wa­gen gesto­ßen und sie nann­ten kein Ziel.
Manche fingen in ihrer Verzweif­lung an zu singen,
Manche haben gebe­tet, wieder andre blie­ben stumm.
Manche haben geweint und alle, alle gingen
Den glei­chen Weg in ihr Marty­rium.
Die Chro­nik zeigt genau die Listen der Namen,
Die Nummer des Waggons und an welchem Zug er hing.
Die Nummer des Trans­ports mit dem sie ins Lager kamen,
Die Chro­nik zeigt, dass keines den Mördern entging.

Heute hör’ ich, wir soll’n das in die Geschichte einrei­hen,
Und es muss doch auch mal Schluss sein, endlich, nach all den Jahr’n.
Ich rede und ich singe und wenn es sein muss, werd’ ich schreien,
Damit unsre Kinder erfah­ren, wer sie war’n:
Der Älteste war sieb­zehn, der Jüngste grad vier Jahre,
Von der Rampe in Birkenau in die Gaskam­mern geführt.
Ich werd’ sie mein Leben lang sehn und bewahre
Ihre Namen in meiner Seele eingra­viert.
Sie war’n voller Neugier, sie war’n voller Leben,
Die Kinder, und sie waren vier­und­vier­zig an der Zahl.
Sie war’n genau wie ihr, sie war’n wie alle Kinder eben
Im Haus in Izieu hoch überm Rhone­tal.

Rein­hard Mey

Gedenk­schild am “Platz der 44 Kinder von Izieu” in Paris

Mehr: Wiki­pe­dia

Fotos: Ralf.treinen und Benoit Prieur CC BY-SA 3.0

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