“Das hats bei uns nicht gegeben”

Eine Lebens­lüge der DDR war der Anti­fa­schis­mus. Sicher, wenn man die beiden deut­schen Staa­ten nach 1949 gegen­über­stellt, stand der west­li­che den Alt-Nazis in vielen Berei­chen viel offe­ner gegen­über, bis hin zum Bundes­prä­si­den­ten konn­ten es SA- und NSDAP-Mitglie­der brin­gen.

Trotz­dem war die DDR längst nicht so anti­fa­schis­tisch, wie sie sich nach außen hin gab. Neona­zis­ti­sche Grup­pen konn­ten vor allem ab Anfang der 80er Jahre Schwarze und Asia­ten, Hippies und Punks terro­ri­sie­ren, ohne dass sie dafür ernst­haft verfolgt wurden.
Ein beson­ders trau­ri­ges Thema des potem­kin­schen Anti­fa­schis­mus’ zeigt eine Wander­aus­stel­lung, die derzeit im Rathaus Lich­ten­berg zu sehen ist. Unter dem Titel “Das hat’s bei uns nicht gege­ben” werden Fälle von Anti­se­mi­tis­mus und Rechts­extre­mis­mus vorge­stellt, die erschre­ckend sind, aber doch keine Ausnahme darstel­len. Da die Doku­mente vorwie­gend aus dem Archiv der Staats­si­cher­heit stam­men, kann man ausschlie­ßen, dass hier “böse West­ler” am Werke waren, die die DDR im Nach­hin­ein mit falschem Mate­rial diskre­di­tie­ren wollen. Stasi-Über­wa­chungs­vi­deos zeigen Grup­pen von Skin­heads, die 1984 aus Sach­sen kommend auf dem Bahn­hof Lich­ten­berg mit Hitler­gruß marschie­ren, “Juden raus” brül­len und Passan­ten bedro­hen. Es werden Briefe gezeigt, die Anfang der 80er Jahre an die Synagoge in der Ryke­straße gesandt wurden und in denen die Absen­der mit Anschlä­gen drohen.

Doch nicht nur im Priva­ten gab es Anti­se­mi­tis­mus. Eine der bitters­ten Erkennt­nisse der Ausstel­lung ist, dass sich sogar staat­li­che Stel­len in grau­sams­ter Weise in Juden vergan­gen haben. Nach­dem 1971 ein Massen­grab von jüdi­schen KZ-Opfern entdeckt worden war, bettete man die Leichen nicht etwa um, sondern die Stasi brach bei über 570 Skelet­ten das Zahn­gold heraus, um es weiter­zu­ver­wer­ten. Danach wurden die Leichen verbrannt, was gegen den Ritus streng­gläu­bi­ger Juden verstößt. Das Ergeb­nis der Aktion: 1.080 Gramm Zahn­gold für den “anti­fa­schis­ti­schen” Staat.

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Kein Interesse

“Guten Tag, Max M., T‑Mobile, spre­che ich mit Herrn B.?” “Ja, was möch­ten Sie?” “Ich wollte Ihnen Ihre neue Funk­tion auf dem Handy vorstel­len.” “Danke, ich kenne mein Handy selber. Außer­dem ist es nicht von […]

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Versager

Du nennst dich selbst Kanake und findest alle ande­ren kacke Du machst den Chef, forderst Respekt doch dein Ehrgeiz wurde nie geweckt. Wo warst du in der Schule? als es um’s Lernen ging Du hattest […]

2 Kommentare

  1. Lich­ten­bergs Bürger­meis­te­rin Chris­tina Emmrich (Linkspartei/PDS) und die Links­frak­tion der Bezirks­ver­ord­ne­ten­ver­samm­lung haben sich von der Ausstel­lung wg. “einsei­ti­ger Bewer­tun­gen” distan­ziert.

  2. Zu blöd, dass ich wieder mal in die unbe­hag­li­che Situa­tion komme, diese unge­liebte DDR zu erklä­ren, einfach, weil der ganze mannig­fa­che Schwach­sinn, der über dies und das verfasst wird, was diese DDR betrifft, meinen Ordnungs­sinn (oder nennen Sie es Wahr­heits­liebe) stört. Ihr klei­ner Arti­kel enthält einige Details, die eigent­lich jeder, der die DDR bewusst erlebt hat, als unwahr erken­nen kann.
    Man versi­chert sich der Aufmerk­sam­keit, wenn man eine These, die allge­mein aner­kannt ist, umkehrt – das ist ein verbrei­te­tes jour­na­lis­ti­sches Instru­ment. Aber lassen Sie sich gesagt sein, die DDR war ein anti­fa­schis­ti­scher Staat. Dies hing allein schon damit zusam­men, dass die über­wie­gende Mehr­zahl seiner Nomen­kla­tura Verfolgte des NS-Regimes gewe­sen waren. Daran ändern auch uncha­rak­te­ris­ti­sche Einzel­er­eig­nisse nichts, die immer die krasse Ausnahme geblie­ben sind. Dieser Staat hat, beson­ders in der Anfangs­zeit, viele ökono­mi­sche und akade­mi­sche Rück­schläge hinneh­men müssen, weil man sich, oft ohne Anse­hen der konkre­ten Schuld, von ehema­li­gen NSDAP-Mitglie­dern in Lehr­äm­tern oder in der Wirt­schaft konse­quent getrennt hat. (natür­lich lassen sich hier Ausnah­men nennen, aber die sind eben nicht charak­te­ris­tisch)
    Übri­gens, es geht bei hohen und höchs­ten Reprä­sen­tan­ten der alten BRD durch­aus nicht um NSDAP- oder SA-Mitglied­schaft, sondern eher um konkrete schwere Schuld im Zusam­men­hang mit NS-Verbre­chen (Beispiel H. Globke)
    Die Tatsa­che, dass die Skin-Szene in ihrer Gefähr­lich­keit zunächst mit Sicher­heit unter­schätzt wurde, spricht ebenso wenig gegen den DDR-spezi­fi­schen Anti­fa­schis­mus, der sicher in den 80gern bereits etwas anti­quiert war, wie die im Arti­kel beschrie­bene Leichen­ver­bren­nung und –fled­de­rung ein Akt des Anti­se­mi­tis­mus ist. (Oder war die jüdi­sche Herkunft der Toten Grund für den barba­ri­schen Umgang mit Ihnen?).
    Ich wohne in Schwedt und habe die Ausstel­lung leider noch nicht sehen können. Ich bin mir sicher, dass es sich lohnt, bisher totge­schwie­ge­nes und verdräng­tes ins Licht zu rücken. Nicht sicher bin ich mir, ob in dieser Ausstel­lung der Kontext stimmt. Mit Sicher­heit aber liegen Sie mit Ihren Inter­pre­ta­tio­nen schwer dane­ben. Mit freund­li­chen Grüßen aus der Ucker­mark, P. Seipelt

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