Es gibt einen geheimen Plan des Berliner Senats, der hier erstmals öffentlich bekannt gemacht wird. Dabei handelt es sich um die Stilllegung des motorisierten Straßenverkehrs.
Wir erinnern uns: Es gab mal eine Zeit, da galt das Auto als wichtigstes Fortbewegungsmittel der Bürger. Ab Ende der 1950er Jahre wurden in West-Berlin Autobahnen quer durch Wohngebiete geschlagen, am Alexanderplatz gab es flächendeckenden Abriss historischer Grundrisse, um 6- bis 8‑spurige Straßenschneisen zu errichten.
Als Ende der 80er Jahre die Grünen (die damals noch Alternative Liste hießen) mit ans Senatsruder kamen, begann ein Stopp des Autowahnsinns. Auch wenn es heute vereinzelt wieder mal einen Rückfall ins alte Denken gibt, siehe Neubau der A100 von Neukölln nach Treptow.
Insgesamt aber hatten sich diejenigen durchgesetzt, die eine Zurückdrängung des motorisierten Individualverkehrs betreiben. Sie geben den Bussen und Straßenbahnen eine Vorrangschaltung an den Ampeln. Sie lassen Autos auf wichtigen Straßen Tempo 30 fahren, selbst wenn es sich um 6‑spurige Hauptstraßen handelt. Woanders werden Kindergräber auf die Fahrbahnmitte gepflanzt, leiche Erhöhungen der Straßendecke. Und vielerlei solcher Aktivitäten mehr. Doch nicht alle Maßnahmen sind so offensichtlich. Unter der Oberfläche werden unter dem Vorwand, den Verkehrsfluss zu verbessern, im gesamten Innenstadtbereich Blockaden errichtet, um ein reibungsloses Fahren zu verhindern. Seit einem Jahr ist die Kreuzung Unter den Linden und Friedrichstraße fast vollständig gesperrt, so dass die armen Touristen zum Laufen gezwungen werden. Die Invalidenstraße, eine der wichtigsten Ost-West-Verbindungen, ist seit drei Jahren zwangsweise verkehrberuhigte Zone, dabei in einer Richtung sogar komplett dicht.
Bis vor Kurzem gehörte auch die Tiergartenstraße zu den Opfern, dazu kommen die zahlreichen Überraschungssperrungen, die immer wieder mal aktiviert werden, ohne dass man was dagegen tun kann. Das ist z.B. in der Treskowallee so, dem Tiergartentunnel, der Straße des 17. Juni usw.
Neuster Coup der Verkehrverhinderer ist der Rosenthaler Platz. Seit gestern früh ist er aus sämtlichen Richtungen nur noch durch ein bis zwei Kilometer lange Staus erreichbar. Selbst Busse müssen sich durch die schmale Ackerstraße quälen, weil es keine andere Ausweichmöglichkeit gibt. Parallel dazu wird die Oranienburger zur Sackgasse, sonst macht es ja keinen Spaß.
Aber seien wir ehrlich: All das sind Peanuts gegen das Meisterstück, das unübertroffene Highlight der Entschleunigung in Berlin. Der Hauptpreis geht mit weitem Abstand an die Charlottenstraße in Mitte. Das Stück zwischen Mittelstraße und Unter den Linden ist bereits seit 1997 von vier Spuren auf eine einzige reduziert. Zusätzlich ist die verbliebene Fahrbahndecke etwa so löcherig wie das Hirn einer Schnapsdrossel. 16 Jahre Verkehrsberuhigung — das macht dem Senat niemand so schnell nach!
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