Ein Cowboy kennt keinen Schmerz

Ich fahre ein Taxi, in dem ich fünf Personen mitnehmen kann. Eigentlich würden sogar sechs Fahrgäste reinpassen, der zusätzliche Sitz ist vorhanden. Warum es aber nur für 5 Kunden zugelassen ist, weiß ich auch nicht. Bei der Tour jetzt war ich aber dankbar, dass es nur fünf Personen waren.
Natürlich kann man sich denken, wie Gäste drauf sind, die man mitten in der Nacht in einer Karaoke-Bar abholt: Entweder sturzbesoffen oder gnadenlos fröhlich. Meine fünf Damen, alle längst im Rentenalter, gehörten zur zweiten Gruppe. Anfangs dachte ich noch: „Zum Glück“. Aber fünf kotzende Seniorinnen wären vermutlich auch nicht schlimmer gewesen als das, was nun auf mich zukam.

Es ging ins Westend. „Bessere“ Gegend, die Leute hier sind vielleicht keine Millionäre, haben aber Geld.
Kaum im Auto, ging es los mit den Gesängen. Eine fing an, die anderen stimmten ein, aber alle sangen falsch und auch noch zeitlich versetzt. Glauben Sie mir: Bei fünf singenden Röhren ist das kaum auszuhalten! Und dann kam ihr Lieblingslied: „Ich will ’nen Cowboy als Mann.“ Und das ging Kilometer um Kilometer so weiter, nur unterbrochen von „Voyage, voyage“. Gut Französisch sprach keine von ihnen, entsprechend grausam klang das Lied.

Das Gegacker und Gekreische wurde immer lauter, dann kam wieder der Cowboy und plötzlich hieß es „Ich will ’nen Taxifahrer als Mann“. Die Dame neben mir legte eine Hand auf meinen Oberschenkel und wollte mir einen Kuss geben, schrecklich. Ich wehrte beides ab, aber die geballte Frauschaft hatte mich als Ziel ihres akustischen Angriffs ausgewählt. Von hinten kam zwischen den Sitzen eine Frauenhand, die mir an die Brust fassen wollte. Als ich laut und wirklich sauer „Jetzt hören Sie auf damit!“ rief und auf die Bremse ging, meinte die Frau neben mir „Ach, wenn es nur eine Frage des Geldes ist, das ist überhaupt kein Problem.“ Alles lachte. Aaargh…

Dann gings von hinten wieder los mit dem Cowboy und ich war heilfroh, dass wir kurz darauf in der Straße ankamen. Dort wohnen sie offenbar alle im gleichen Altenheim, denn nachdem sie bezahlt hatten und ausgestiegen waren, lief die Gruppe gemeinsam durch das große Tor, laut singend „Ich will ’nen Cowboy als Mann“.

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