Kriminelle Raser

Es gibt bestimmte Zeiten, da ist die Idiotendichte in der Öffentlichkeit offenbar besonders groß. In diesem Fall definiere ich Idiot als denjenigen, der mit seinem hochmotorigen PKW nachts mit 80 km/h oder mehr durch die Innenstadtstraßen brettert und eine Lebensgefahr für andere Verkehrsteilnehmer darstellt. Dass so etwas auch tödlich enden kann, hat man in den vergangenen Jahren mehrmals gesehen, z.B. in der Tauentzienstraße oder in der Karl-Marx-Allee, wo ein Taxi-Kollege durch die Wucht des Aufpralls sogar aus dem Auto geschleudert wurde. Es vergeht keine Nachtschicht, in der ich nicht mindestens einmal solche hochgezüchteten Wagen an mir vorbeirasen sehe.

Wenn man mit normaler Geschwindigkeit fährt, wird man dann schnell zum Hindernis. Kann der von hinten Heranrasende nicht seitlich vorbei, beginnt meist eine aggressive Bedrohung. Das Fernlicht wird eingeschaltet und der Wagen fährt extrem dicht auf.
Nun weiß ich, dass ich in meinem Taxi relativ sicher bin, falls mir in einer solchen Situation tatsächlich mal jemand hinten reinfährt. Ich drücke sicher nicht aufs Gaspedal, sondern fahre normal weiter. Doch manche Autofahrer/innen lassen sich eher einschüchtern und reagieren evtl. panisch. Das ist von den kriminellen Fahrern auch beabsichtigt.

So einer war das auch in dieser Nacht. Schon in der Koloniestraße im Wedding sah ich die beiden Scheinwerfer im Rückspiegel, und wie sie viel zu schnell näher kamen. Das Auto fuhr bis ca. 2 Meter an mein Taxi heran, dann Hupe, Fernlicht, Lichthupe, was so ein Idiot eben zu bieten hat. An der Kreuzung zur Badstraße wollte er mich überholen, was aber nicht geklappt hat, weil an der Seite ein anderer Wagen im Weg stand. Dann die enge Exerzierstraße, ausnahmsweise hielt ich mich jetzt an die vorgeschriebene Tempo-30-Regel, was dem Typen hinter mir sicher nicht gefiel. Sein Lichtergewitter ging weiter. Etwa auf der Hälfte der Straße steht in der Mitte eine Fußgängerinsel. Diese Stelle nutzte er nun, um auf die Gegenfahrbahn zu schwenken. Er gab richtig Gas und schoss auf der andern Straßenhälfte an mir vorbei, ebenso an dem Auto, das noch vor mir fuhr. Dann heulte sein Motor auf und er beschleunigte auf schätzungsweise 80 bis 100 km/h und verschwand in der Schulstraße. Im gleichen Moment aber setzte der Beifahrer meines Vorderwagens sein Blaulicht auf das Dach und gab ebenfalls Gas.

Anscheinend hatte er das Drängeln auch vorher schon bemerkt und Kollegen angefordert. Als ich nämlich nach einer Minute am Nauener Platz ankam, stand bereits ein Polizeiwagen quer auf der Schulstraße, davor der Raser und der Zivilwagen.
Sie blockierten die Straße, so dass ich nur langsam vorbeifahren konnte. Die Zivilen zerrten gerade den Fahrer und einen anderen Mann aus dem Auto. Offensichtlich hatten die keine Lust, auszusteigen.

Leider ist solch ein Eingreifen durch die Polizei die Ausnahme. Schon mehrmals habe ich gesehen, wie sie solche Fahrer anscheinend nicht mal bemerken. Vermutlich haben sie keine Lust auf Stress, keine Ahnung. Ich fand‘s jedenfalls gut, dass es diesmal anders ausgegangen ist. Auch wenn ich nicht die Meinung meines Fahrgastes unterstütze, der sie gleich „alle abknallen“ wollte.

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2 Kommentare

  1. Ganz taxifahreruntypisch mache ich bei der nächstbesten Möglichkeit Platz für die Drängler, lasse sie nach vorne und hoffe auf den Lerneffekt, wenn er dann das gleiche Schauspiel 15 Meter weiter vorne aufführt.

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