Die lieben Kleinen fliegen nicht mehr

In der letz­ten Woche der Sommer­fe­rien dreht sich natür­lich viel um unsere lieben Klei­nen und die Schule. Nicht nur, dass der Ex-Regie­rende Eber­hard Diep­gen seine Kontakte spie­len ließ und damit den Abriss eines Teils der Rudolf-Stei­ner-Schule verhin­derte. Die zehlen­dor­fer Schule hatte den Anbau ihren Nach­barn offen­sicht­lich ille­gal  vor den Garten­zaun gestellt, was diese sich nicht gefal­len ließen. Diep­gen sei Dank bleibt nun alles wie es ist.
Nicht aber in der Turn­va­ter-Jahn-Grund­schule im Prenz­lauer Berg: Hier wurde bekannt­ge­ge­ben, dass zum neuen Schul­jahr eine Schul­uni­form einge­führt wird, die zu bestimm­ten Anläs­sen sogar von den Lehrern getra­gen werden soll. Uniform ist natür­lich das falsche Wort, es handelt sich ledig­lich um Polo-Shirts bzw. Kapu­zen­ja­cken. Damit soll dem Marken­wahn unter Jugend­li­chen entge­gen­ge­wirkt werden, vor allem der Ausgren­zung von ärme­ren Kindern, die sich keinen Einkauf in der Fried­rich­straße leis­ten können. Leider wurden bei der Planung die Hosen und Schuhe verges­sen, so dass die gutge­meinte Aktion von vorn­her­ein zum Schei­tern verur­teilt ist. Ürigens ist es ein Gerücht, dass die Schule neben den Blau­hem­den auch wieder Pionier­hals­tü­cher einge­führt hat.
Den Jugend­li­chen in Neukölln soll das Leben eben­falls schwe­rer gemacht werden. Hier star­tete der Bezirk eine Aktion gegen den Verkauf von Alko­hol an Minder­jäh­rige. Weil den Initia­to­ren offen­bar kein vernün­fi­ger Name einfiel, wurde der sper­rige Slogan “Kein Alko­hol für Kinder Aktion” gewählt, damit — ha, ha — die Abkür­zung KAfKA passt. Lang­zeit­ar­beits­lose besu­chen nun die Geschäfte, um das Perso­nal davon zu über­zeu­gen, dass sie Kindern und Jugend­li­chen keine alko­ho­li­schen Getränke mehr verkau­fen. Die sollen gefäl­ligst ihre älte­ren Geschwis­ter oder Freunde schi­cken.

Kafka­esk ist auch die fins­tere auslän­di­sche Paten­traub­ma­fia, gegen die der Zoll bei der Funk­aus­stel­lung einen Schlag nach dem ande­ren ausführt. Fünf LKW-Ladun­gen an Ausstel­lungs­stü­cken wurden seit Frei­tag beschlag­nahmt, mehrere hundert Beamte strei­fen durch die IFA und konfis­zie­ren, was sie gebraucht können nach ille­ga­ler Ware riecht.
Über­haupt ist die IFA 2008 der Stolz der Stadt. Dies­mal ist sie so groß, dass sogar zusätz­li­che Hallen errich­tet werden muss­ten. Und jedes Medium wies darauf hin, dass es ab jetzt auch Kühl­schränke und Wasch­ma­schi­nen im Ange­bot gibt — “intel­li­gente” natür­lich, die zusam­men­ge­hö­rende Socken z.B. auch als Paar wieder ausspuckt. Oder so.

Nicht mehr sondern weni­ger Bagage dürfen dage­gen Flug­ei­sende künf­tig dabei haben. Wer von Berlin aus mit Ryan­air fliegt, muss auf mancher Route auf seine Koffer verzich­ten. Nur Hand­ge­päck ist noch erlaubt, damit die Airline Kero­sin spart. Mit solch halben Sachen fängt Air Berlin gar nicht erst an. Sie sparen gleich 100% und nehmen ganze Verbin­dun­gen aus ihrem Programm, z.B. die nach London oder Dort­mund. Easy­jet fliegt nicht mehr nach Kreta, Ibiza und andere und viel­leicht kommen wir ja demnächst an den Punkt, dass der neue Flug­ha­fen BBI gar nicht mehr gebraucht wird. Für die letz­ten paar verblie­be­nen Flüge reicht dann mögli­cher­weise sogar Tempel­hof, dann kann Tegel geschlos­sen werden und alle sind glück­lich. Außer poten­zi­elle Flug­gäste, aber für die gibt es ja dann noch die Bahn. Oder die Kutsche, so wie früher.

Von früher waren auch viele Stücke, die sich in der Langen Nacht der Museen die etwa 40.000 Besu­cher ange­se­hen haben, zumin­dest in den konven­tio­nel­len Museen. Mitt­ler­weise entwi­ckelt sich die Aktion aber zu einem City-Event, die Köpe­ni­cker Ange­bote wurden kaum genutzt, weil die Verbin­dun­gen so schlecht waren und die Stasi-Objekte wurden gar nicht erst ange­fah­ren, obwohl sie dazu gehör­ten. Deshalb betei­li­gen sie sich künf­tig auch nicht mehr an der Aktion.

Empört ist auch der Haus­halts­aus­schuss des Bundes­tags. Der hat von den Bundes­mi­nis­te­rien einen Bericht darüber ange­for­dert, was es kostet, dass stän­dig zwei Minis­te­ri­ums­sitze (Berlin und Bonn) finan­ziert werden müssen. In den Berich­ten wird der Ausschuss so rich­tig belo­gen und an der Nase herum­ge­führt, ausge­rech­net eines der kleins­ten, das Minis­te­rium für Bildung und Forschung, soll die höchs­ten Mehr­aus­ga­ben haben. Das Vertei­di­gungs­mi­nis­te­rium hat angeb­lich nur halb so viele Kosten, auch das Finanz­mi­nis­te­rium braucht auffal­lend wenig Geld, um beide Stand­orte paral­lel zu finan­zie­ren. Flüge zwischen den Stand­or­ten, die Kosten von daraus resul­tie­ren­dem Arbeits­zeit­aus­fall und von Akten­trans­por­ten wurden aus der Berech­nung raus­ge­nom­men.
Viel­leicht sollte der Haus­halts­aus­schuss nun konse­quent sein, selber eine Berech­nung anstel­len und dafür sorgen, dass den Minis­te­rien die Diffe­renz künf­tig aus dem Etat gestri­chen wird. Aber dazu wird es nicht kommen, denn wenn die Büro­kra­ten zusam­men­hal­ten, kann das Parla­ment und damit die Bevöl­ke­rung belie­big betro­gen werden. So funk­tio­niert das eben mit unse­rer Demo­kra­tie.

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