Schlagloch in der Seele des Taxifahrers

Über die vielen Schlaglöcher, die es derzeit wieder gibt, soll es jetzt nicht gehen. Aber auch die Psyche des Taxifahrers hat schon so manchen Schlag abbekommen und nicht alle Wunden verheilen gleich wieder. Natürlich darf man nicht zu sensibel sein, wenn man jeden Tag mit den unterschiedlichsten Leuten zu tun hat. Manche Zeitgenossen sind einfach unerträglich, teilweise aggressiv oder aufdringlich oder arrogant. Bei anderen Fahrgästen wird man mit deren Schicksal belastet, Krankheit, Trauer, immer wieder bekommt man das Leid anderer Menschen mit. Manche Kollegen machen dann dicht, es interessiert sie nicht. Ich bin nicht so, ich kann einen verletzten Menschen nicht auch noch abweisen. Der Preis ist, wie ein Psychologe damit konfrontiert zu werden.

Manchmal aber fühlt man sich selber so, als würde man selbst nicht mehr ohne Hilfe klarkommen. Im Bett liegt man stundenlos wach, nach nur wenigen Stunden Schlaf fühlt man sich schon beim Aufstehen wie gerädert. Mit dem Taxi steht man dann als achter oder zehnter Wagen an der Halte, aber es tut sich nichts, vorn fährt niemand los. Dann nach 40 Minuten endlich ein Funkauftrag, doch an der Abholadresse steht niemand. Aber man hat ja den Namen, nach mehreren Minuten Warten klingelt man, doch niemand reagiert. Fehlfahrt. Zurück auf Los, wieder anstellen.

Der erste Fahrgast, endlich. Er will nur geradeaus, aber nach einem Kilometer beschwert er sich über die Strecke. Ich erkläre ihm, dass es vom Potsdamer Platz zum Alex nun mal am kürzesten ist, wenn man über die Leipziger Straße fährt, aber nun meckert er über meine angebliche Frechheit. Ein Trinkgeld gibts natürlich nicht.
Danach wieder tote Hose, alle Halten voll, cruisen, aber nur andere freie Taxen vor mir, kein Winker. Über den Funk wird zur Mehrzweckhalle am Ostbahnhof mobilisiert, aber als ich nach nur fünf Minuten dort ankomme, stehen schon 30 bis 40 Wagen da. Längst strömen die Zuschauer raus, nicht mal zehn Taxis bekommen einen Fahrgast. Von dort zum Ostbahnhof, warten auf den ICE aus Bonn. Als der nach einer Viertelstunde durch ist, stehe ich immer noch ziemlich weit hinten. In mir macht sich Frust breit, keine 10 Euro Umsatz in drei Stunden, eigentlich sollte ich lieber Hartz IV beantragen, dann habe ich mehr Geld und mehr Zeit für mich.

Der Rest der Nacht ist nicht viel besser: Ein Vollalkoholiker, ein paar Gangtypen, ein Brite, dem der Name seines Hotels nicht mehr einfällt. Aber wenigstens Fahrgäste, also freundlich bleiben, selbst wenn einem zum Heulen zumute ist. Ich fühle mich ausgebrannt, die Arbeit ist sinnlos und deprimierend. Um Eins mache ich dann Feierabend, das hebt meine Stimmung ein bisschen, ich freue mich aufs Bett. Auch wenn ich jetzt schon weiß, dass ich dann wieder stundenlang nicht einschlafen kann.

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