Verfahrene Situation

Es kann schon mal vorkom­men, dass Fahr­gäste etwas desori­en­tiert sind. Ich hatte schon Leute im Auto, die haben ihr eige­nes Haus nicht erkannt, als wir nachts davor stan­den. Andere glau­ben den kürzes­ten Weg ganz genau zu wissen und besche­ren mir dadurch einen gut bezahl­ten Umweg. Und manch­mal passiert so etwas wie letzte Nacht.
Die Dame stieg mir am Haupt­bahn­hof ins Auto: “Lange Straße, bitte”.
“Die am Ostbahn­hof?”
“Ja genau”.
Klare Sache, immer der Bahn nach. Am Ziel ange­kom­men sah die Sache aber anders aus: “Nein, hier sind wir falsch”.
“Das ist die Lange Straße am Ostbahn­hof.”
“Aber hier ist es falsch.”
Dann kam sie auf die Idee, mir den Zettel mit der Adresse zu zeigen: Langen­scheidt­straße. In Schö­ne­berg. Zwar auch an einer Bahn, aber ganz woan­ders, ohne Bahn­hof, und die Gleise verlau­fen hier nicht ober­halb der Straße, sondern unten in einem Trog. Aber sonst stimmt alles :-)

Als wir endlich an der Langen­scheidt­straße anka­men, erkannte sie den Ort auch wieder. Aller­dings war das noch gar nicht das Ziel, sie wollte hier nur jeman­den abho­len und dann weiter­fah­ren. Bloß dieser jemand war nicht da. Meine Fahr­gäs­tin rief ihn nun mit dem Handy an und es stellte sich heraus, dass derje­nige am Haupt­bahn­hof auf sie wartete.
Man kann nicht behaup­ten, dass es der Situa­tion an Komik geman­gelt hätte, aber lachen durfte ich trotz­dem nicht.

Also fuhren wir nun wieder zum Haupt­bahn­hof, den wir eine knappe Stunde vorher verlas­sen hatten und sammel­ten den ande­ren ein. Sie waren sich jedoch nicht einig, wohin es gehen sollte. Mir war’s recht, das Taxa­me­ter lief still vor sich hin und bis mein Tagfah­rer das Auto haben wollte, sollte es noch einige Stun­den dauern.

Meine Fahr­gäste waren in einem Club verab­re­det, wuss­ten aber den Namen nicht mehr und konn­ten auch nieman­den per Handy errei­chen. Es war irgend­ein Club, der Amerika heißen sollte, oder Kanada oder so. Ich dachte, ich kenne die Clubs in der Stadt, aber mir fiel keiner ein, dessen Name dazu passen würde. Schließ­lich beka­men sie doch jeman­den ans Tele­fon, der weiter­hel­fen konnte. “Der Club heißt Cuba libre und ist in Tempel­hof. Oder Char­lot­ten­burg.”
Das half mir nicht wirk­lich weiter. Weder kenne ich diesen Club, und auch die Orts­an­gabe könnte man höchs­tens auf einem Globus als genau bezeich­nen.
Sie über­leg­ten schon, wieder in die Langen­scheidt­straße zurück­zu­fah­ren. Dann aber hatte ich die rettende Idee: “Ist es viel­leicht der Club Havanna in Schö­ne­berg?”
“Hm.”
Ich schlug vor, jetzt dort hinzu­fah­ren und falls es der falsche Club wäre, ist die Langen­scheidt­straße nur 5 Minu­ten entfernt.
Darauf ließen sie sich ein und wie sich heraus­stellte, war es genau die rich­tige Entschei­dung.
Aller­dings weiß ich nicht, ob sie nach Bezah­lung der Taxi­kos­ten noch Geld für einen Cuba libre im Havanna hatten.

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3 Kommentare

  1. Und die Taxi­rech­nung wurde anstands­los gezahlt? Ohne Diskus­sion, weil du ja zuerst fälsch­li­cher­weise in die Lange Straße gefah­ren bist, und weil außer­dem die komplette Rund­fahrt bis zum Hbf über­flüs­sig war und deshalb nicht bezahlt werden muss?

    Dann war es doch eine schöne Tour!

  2. Da die Lady die falsche Adresse genannt hat, war es ja nicht mein Fehler. Das hat sie aber genauso gese­hen, deshalb gab es da kein Streit.
    Die Tour war die Hälfte meines Umsat­zes, Oster­fe­rien sind blöd.

  3. Ein prima Beispiel was mit den Menschen geschieht, wenn das Handy ihr Gehirn ersetzt. Erbärm­lich. Herr­li­che Zeiten für Arbeit­ge­ber und Poli­ti­ker. Niemand hat mehr irgend­ei­nen Check. MODE­SEI­TEN im Inter­net haben Hoch­kon­junk­tur. Gute Zeiten für Selbst­den­ker- und wisser. Satel­li­ten abschal­ten! Menschen statt Robo­ter!

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