Die Verleugneten

Seit gestern ist die Website “Die Verleug­ne­ten” online. Sie ist Teil des Ausstel­lungs­pro­jekts zu den im Natio­nal­so­zia­lis­mus als “Asoziale” und “Berufs­ver­bre­cher” Verfolg­ten und beglei­tet die Entste­hung der geplan­ten Wander­aus­stel­lung.
Im Mittel­punkt stehen die Betrof­fe­nen und ihre unter­schied­li­chen Lebens- und Verfol­gungs­wege. Die Biogra­fien werfen viele Fragen auf: Weshalb wurden Menschen von den Natio­nal­so­zia­lis­ten als “Gemein­schafts­fremde” verfolgt? Wie reagier­ten sie auf diese Anschul­di­gun­gen und wie gingen ihre Ange­hö­ri­gen damit um? Wer war an ihrer Verfol­gung betei­ligt? Und warum verwei­ger­ten Staat und Gesell­schaft ihnen so lange die Aner­ken­nung?

Zum Start der Webseite werden zunächst sieben Menschen vorge­stellt, die als “Asoziale” oder “Berufs­ver­bre­cher” verfolgt wurden.
In den kommen­den Mona­ten werden regel­mä­ßig Inhalte ergänzt: Neben weite­ren Biogra­fien wird die Seite um eine inter­ak­tive Darstel­lung der Verfol­gungs­wege und der daran betei­lig­ten Insti­tu­tio­nen erwei­tert. Außer­dem zeich­net eine “Chro­no­lo­gie der Verleug­nung” anhand von ausge­wähl­ten Meilen­stei­nen die jahr­zehn­te­lan­gen Bemü­hun­gen um die Aner­ken­nung der Verfolg­ten nach.
Auch die Verfol­gung zwischen 1933 und 1945 sowie die Konti­nui­tä­ten über diesen Zeit­raum hinaus werden in der Chro­no­lo­gie aufge­grif­fen. In weite­ren Rubri­ken kommen Ange­hö­rige zu Wort, werden beson­dere “Fund­stü­cke” aus der Recher­che­ar­beit des Projekt­teams vorge­stellt und aktu­elle Bezüge sowie kontro­verse Fragen zum Thema disku­tiert.

Die Webseite nimmt inner­halb des Projekts eine beson­dere Rolle ein: Sie doku­men­tiert in Form einer Online-Projekt­werk­statt das Entste­hen der Wander­aus­stel­lung. Auf diese Weise ermög­licht sie einen Blick hinter die Kulis­sen und macht die Hinter­gründe der Verfol­gung von vermeint­lich “Asozia­len” und “Berufs­ver­bre­chern” bereits vor Eröff­nung der Ausstel­lung einer brei­ten Öffent­lich­keit zugäng­lich.
Die Wander­aus­stel­lung wird im Sommer 2024 in Berlin eröff­net und anschlie­ßend in der KZ-Gedenk­stätte Flos­sen­bürg sowie an weite­ren Orten in Deutsch­land und Öster­reich zu sehen sein.

Hinter­grund: Verfol­gung von “Asozia­len” und “Berufs­ver­bre­chern” im Natio­nal­so­zia­lis­mus und ihr langer Weg zur Aner­ken­nung

Auch über 75 Jahre nach Ende des Zwei­ten Welt­kriegs gibt es Leer­stel­len in der Erin­ne­rungs­kul­tur Deutsch­lands und Öster­reichs. Das Leid zehn­tau­sen­der Frauen, Männer und Jugend­li­cher, die als “Gemein­schafts­fremde”, “Asoziale” oder “Berufs­ver­bre­cher” bezeich­net wurden, rückt erst allmäh­lich ins öffent­li­che Bewusst­sein. Sie wurden in Konzen­tra­ti­ons­la­ger gesperrt, in Heimen und psych­ia­tri­schen Anstal­ten fest­ge­hal­ten, viele von ihnen zwangs­ste­ri­li­siert.

In der Nach­kriegs­zeit wurden die Über­le­ben­den in der Bundes­re­pu­blik, der DDR sowie in Öster­reich von Entschä­di­gungs­leis­tun­gen ausge­schlos­sen. Wer von den Natio­nal­so­zia­lis­ten als “Berufs­ver­bre­cher” oder “Asozia­ler” verfolgt worden war, wurde auch in der Nach­kriegs­ge­sell­schaft miss­trau­isch beäugt, weiter­hin stig­ma­ti­siert und ausge­grenzt. Bei den Betrof­fe­nen selbst, aber auch in den folgen­den Gene­ra­tio­nen führte die Scham über die Gründe der Verfol­gung zu jahr­zehn­te­lan­gem Schwei­gen.

Erst in den 1980er Jahren began­nen verein­zelte Forsche­rIn­nen, die Verfol­gung aufzu­ar­bei­ten. Doch es sollte weitere Deka­den dauern, bis das Thema die nötige Aufmerk­sam­keit bekam: Ein Initia­tiv­kreis um Profes­sor Dr. Frank Nonnen­ma­cher, selbst Neffe eines als “Berufs­ver­bre­cher” stig­ma­ti­sier­ten Häft­lings, trug es in den poli­ti­schen Raum. Erst 2020 entschied der Deut­sche Bundes­tag, die als “Asoziale” und “Berufs­ver­bre­cher” Verfolg­ten als Opfer des Natio­nal­so­zia­lis­mus anzu­er­ken­nen. Das Ausstel­lungs­pro­jekt ist Teil dieses Beschlus­ses.
www.die-verleugneten.de

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