Gut für Deutschland

Es kommt selten vor, dass eine Land­tags­wahl schon im Vorhin­ein als so wich­tig bezeich­net wird, wie es bei der heuti­gen Wahl in Baden-Würt­tem­berg der Fall war. So viel wurde da hinein proji­ziert, dass der bishe­rige Minis­ter­prä­si­dent Stefan Mappus kaum mehr eine Chance hatte. Aller­dings gehörte er selbst zu denen, die im Vorfeld pola­ri­siert hatten. Sein napo­leo­ni­sches Vorge­hen gegen die Gegner des Stutt­gar­ter Bahn­hof­neu­baus, seine kompro­miss­lose Vertei­di­gung der Atom­in­dus­trie, selbst noch im Schat­ten der Kata­stro­phe von Fuku­shima — offen­bar hat er nicht verstan­den, dass die Menschen nicht mehr alles mit sich machen lassen wollen. Seine Nieder­lage ist rich­tig, und dabei steht sie nicht nur für sein Bundes­land. In der ganzen Repu­blik fangen die Leute an, genauer hinzu­schauen und den Sprü­chen der Poli­ti­ker immer weni­ger zu vertrauen. Er versteht es nicht. Seine Wähler­be­schimp­fung nach den ersten Hoch­rech­nun­gen, seine Abwie­ge­lung, dass es hier ja nur um eine Bestra­fung der Bundes­po­li­tik gehen würde — das zeigt deut­lich, dass er von den Bedürf­nis­sen und Gedan­ken der Bevöl­ke­rung so weit weg ist, wie viele seiner Kaste.

Schon vor der Atom­ka­ta­stro­phe sprach die CDU von einer “Schick­sals­wahl”. Das war sie sicher, denn sie hat Auswir­kun­gen sowohl in die Bundes­po­li­tik, als auch in die Parteien. Mögli­cher­weise stürzt Angela Merkel als Partei­vor­sit­zende länger­fris­tig über dieses Ergeb­nis. Ziem­lich sicher geschieht das glei­che mit Guido Wester­welle in seiner Partei. Die Entschei­dung der Wähler macht außer­dem klar, wie sie zum Thema Atom­po­li­tik stehen.
Schick­sal ist das Ergeb­nis trotz­dem nicht, sondern es ist die Konse­quenz aus einer Poli­tik, die sich nicht nur in Baden-Würt­tem­berg immer mehr von der Bevöl­ke­rung entfernt. Auch wenn der Reali­täts­ver­lust und die Igno­ranz der meis­ten Poli­ti­ker noch nicht Honecker­sche Dimen­sio­nen ange­nom­men hat, die Tendenz ist klar. Inso­fern sind die Wahl­er­geb­nisse von heute keine Schick­sal, sondern haus­ge­macht. Man könnte auch sagen: Selber schuld.

Aber ob sie wirk­lich daraus lernen? Mappus offen­bar nicht, das haben seine Auftritte am Abend klar­ge­macht. Angela Merkel hat sich dage­gen entschie­den, öffent­li­che Verdre­hun­gen der Ergeb­nisse zu präsen­tie­ren oder alles auf die bösen Japa­ner zu schie­ben. Ihre mediale Abwe­sen­heit empfand ich als ange­nehm. Fast könnte man denken, dass das etwas Demü­ti­ges hat. Viel­leicht ist sie da sensi­bler als mancher Haudrauf, auch wenn man es nicht unbe­dingt von ihr erwar­tet. Ich hoffe, dass wenigs­tens sie den Ernst der Lage erkannt hat und in Bezug auf die Atom­kraft nicht mehr nur beru­higt, sondern die zeit­weise abge­schal­te­ten AKWs über­haupt nicht mehr ans Netz nimmt und für den Rest eben­falls eine Abschal­tung vorbe­rei­tet. Das wäre nicht nur gut im Inter­esse der gefähr­de­ten Bevöl­ke­rung, sondern würde ihrer Partei bei den nächs­ten Wahlen viel­leicht weni­ger Stim­men­ver­luste brin­gen. “Gut für Deutsch­land, gut für die CDU” — kaum zu glau­ben, dass ich sowas mal sagen würde…

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