Anlässlich des Todes einer Freundin war ich mal wieder mit dem Thema Alkohol konfrontiert. Sie ist gestorben, weil sie über Jahre regelmäßig Wein getrunken hat. Das hat gereicht, um ihren Körper zu zerstören. Gleichzeitig gibt es immer wieder Berichte über Jugendliche, die nach sogenanntem Komasaufen im Krankenhaus landen. Und es wird beklagt, wie schlimm das doch sei.
Ich finde diese Doppelmoral scheinheilig. Da wird so getan, als ob wir ja alle nur das Wohl der jungen Menschen im Auge haben, doch gleichzeitig werden weiterhin in den Medien alkoholische Getränke beworben. Ein „Bierchen“ gehört zu jedem Ausflug dazu, der Wein zu einem guten Essen. Selbst auf der Trauerfeier trank die Hälfte der Teilnehmer Alkohol. Ich verstehe es nicht.
Als ich etwa 15 war, war es normal, dass man manchmal zusammen weg ging und Alk trank. Damals war Rum-Cola angesagt, wenn man nicht als „Milchtrinker“ gelten wollte (was auch für diejenigen galt, die Cola, Saft oder Bier tranken). Zweimal wurde mir der Magen ausgepumpt, zum Glück war das Urban-Krankenhaus nicht weit. Diese Erfahrung, und dann die mit meiner Mutter, die immer mehr zu Alkoholikerin wurde, haben mich geprägt. Seitdem sind Berliner Weiße und einmal im Jahr ein Federweißer alles, was ich an Alkohol trinke. Die Abschreckung wirkt noch über Jahrzehnte.
Die Doppelmoral verhindert auch, dass potenzielle, vor allem junge Alkoholopfer die Argumente ernst nehmen. Genauso wie der staatliche Umgang mit Drogen generell. Wer einmal einen Volltrunkenen erlebt hat, wird das Verbot von Haschisch nicht mehr respektieren. Wieso werden sogenannte weiche Drogen kriminalisiert, während eine Flasche Schnaps reicht, um einen Menschen umzubringen? Wenn der Staat die Bürger schon soweit bevormundet, dann sollte er das wenigstens in Relation zur Gefährdung machen.
In diesem Zusammenhang verstehe ich auch die Begriffe Drogen- bzw. Alkoholmissbrauch nicht. Missbrauch bedeutet ja, dass man etwas zu einem anderen Zweck gebraucht, als es eigentlich gedacht ist. Wenn ich z.B. mit meinen Zähnen Kronkorken von Flaschen öffne oder eine Vase aus der Ming-Dynastie nutze, um damit einen Nagel in die Wand zu schlagen, ist das ein klarer Missbrauch. Wenn ich mich aber mit Eierlikör betrinke, ist es genau das, wozu er hergestellt wurde. Auch würde kaum jemand auf die Idee kommen, sein Karnickel mit Cannabis zu füttern, weil das ja Missbrauch ist, während man es korrekt nutzt, wenn man es raucht (das Cannabis, nicht das Karnickel).
Halten wir also fest: Alkohol ist schlecht, vor allem wenn er zu viel konsumiert wird. Das gilt auch für andere Drogen. Und Missbrauch ist ebenfalls schlecht, vor allem, wenn es um kleine Tiere geht.
Ist eine gute Frage, die ich für mich auch noch nicht abschliessend geklärt habe. Sicherlich spielt die jahrzehntelange Verteufelung und Desinformation da eine große Rolle, genau wie die finanzstarke Bier- und Schnapslobby, aber das alleine reicht auch nicht.
Polemisch wie ich bin würde ich mal philosophieren, dass wir vielleicht einfach zu wenig Kiffer und zu viele Saufnasen in der Politik haben, die sich ihren Stoff halt nicht auf dem Schwarzmarkt mit den üblichen Risiken bezüglich Strafverfolgung, Verunreinigungen bzw. zweifelhafter Qualität und Mondpreisen besorgen wollen.
Das erklärt zwar immer noch nicht das strikte Verbot bzgl. Hanf, aber zumindest das blinde Auge gegenüber Alkohol.
Ich kenne das Problem. Auch familiär sind interessanterweise Eltern nicht immer ein abschreckendes Beispiel. Selbst wenn sie lange Zeit Alkoholiker sind. Da braucht man meist schon einen echten Schock. Was ich aber gut finde, wenn lokale Blogs, wie der Nord-Berliner.de immer mal wieder über das Problem im Kiez selbst schreiben. Weil die örtlichen Säuferecken kennt jeder, aber keiner will darüber Sprechen. Dabei sind das auch nur Menschen. Menschen die aber riesige Probleme haben. Ich hoffe sowas wird öfters thematisiert. Dann braucht man auch nicht immer erst auf einen Schock warten…