Vor’m Präsidenten

In Berlin fahren viele schwarze, hoch­klas­sige Limou­si­nen herum, paar­weise, das hintere Fahr­zeug mit Blau­licht auf dem Kopf. Alle Minis­ter haben Anspruch drauf, hohe Polit­funk­tio­näre aus Parteien und Parla­men­ten. Zwar fahren sie in der Regel ohne einge­schal­te­tes Blau­licht, trotz­dem aber sehr zügig. Ihr Schütz­ling soll ja nicht zu spät zum Abend­essen kommen.
Die rasche Fahrt ist viel­leicht der Grund, weshalb sie sich gerne hinter besetzte Taxis setzen: Dann können sie davon ausge­hen, dass es rela­tiv schnell durch die Stadt geht und dass es keine abrup­ten Brems­ma­nö­ver gibt. Sie wissen, dass sie es mit Fahr­pro­fis zu tun haben.
Als ich gestern Abend einen Fahr­gast vom Haupt­bahn­hof nach Wilmers­dorf fuhr, sahen wir zwei der fetten Autos aus der Ausfahrt vom Schloss Belle­vue heraus rollen. Das ist unge­wöhn­lich, weil der Bundes­prä­si­dent norma­ler­weise aus dem schwar­zen Amt kommt, das ein paar Meter weiter steht. Jeden­falls setz­ten sich beide Autos sofort hinter mich und blie­ben dort auch mehrere Kilo­me­ter weit bis zum Hohen­zol­lern­damm. Gauck wollte offen­bar nach Hause, in die Präsi-Villa in Dahlem.
In Gedan­ken war er offen­bar schon dort, denn im Spie­gel konnte ich sehen, wie er sich auf der Rück­bank rekelte, dann mit einer Hand in seinen Zähnen spielte, während er mit der ande­ren ein Handy hielt.
“Fehlt nur noch, dass er anfängt zu popeln”, lachte mein Fahr­gast neben mir, der mit dem Beifah­rer­spie­gel eben­falls nach hinten sah. In diesem Moment ging die Hand tatsäch­lich an die Nase, aber gleich­zei­tig wurde dort das Innen­licht ausge­schal­tet.
Meinem Fahr­gast war es unheim­lich, dass die schwar­zen Fahr­zeuge immer direkt hinter uns blie­ben, auch wenn ich die Fahr­spur wech­selte. Bis zum Emser Platz fuhren wir mit unse­rer selt­sa­men Kolonne, dann trenn­ten sich unsere Wege. Bis zum nächs­ten Mal.

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1 Kommentar

  1. Ich habe vor nicht allzu­lan­ger Zeit am Dresd­ner Kongress­zen­trum einen von einem schwar­zen A8 mit Stan­darte ange­führ­ten Konvoi beob­ach­tet, der mir Rätsel aufgab. Ich hatte zwar auch das Nummern­schild mitge­schnit­ten, aber das sagte mir nichts. Erst im Gespräch mit nach­fol­gen­den Fahr­gäs­ten wurde ich aufge­klärt.

    PS: Sehr zügig? Ja, unbe­dingt!

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