Blick von den Stufen des Reichstags zum kleinen Olympiastadion, das hier in den vergangenen Wochen für zehntausend Zuschauer errichtet wurde. Die “Adidas-Arena” kann man nur mit zugekniffenen Augen sehen, so sehr blendet die Sonne, zwei Stunden vor dem ersten Spiel dieser WM. Auf der Treppe nur wenige Menschen, die Massen dürfen diesmal nicht in die Kuppel, sie stehen vor dem Arena-Eingang. Zwei‑, Dreitausend, sie singen, manche gröhlen “Finale, Finale” — vielleicht doch etwas verfrüht.
Es herrscht Gedränge und Lärm, neben den Fans kommt aus den Lautsprechern Musik, woanders werden Spiele kommentiert, die am Rand laufen. “Brot und Spiele” kommt mir in den Sinn, es ist eine ausgelassene Stimmung. Die Grundfarben hier sind Weiß — wie die Farben der Trikots der deutschen Mannschaft — und Schwarz-rot-gold. Überall, wohin man sieht: Flaggen, wehend, umgehängt, in Gesichter gemaclt, in Haare gefärbt, als T‑Shirts, Hosen, Taschen, Aufnäher. Und sogar aus dem Lautsprecher: “Da ist die Deutschlandfahne! Ich glaube, wenn die deutsche Mannschaft wüsste, was hier los ist, dann…” — der Rest geht unter.
Über alles weht die große Flagge vorm Reichstag, es ist ein schwarz-rot-goldener Taumel. Aber er ist nicht aggressiv, nicht bedrohlich, die Menschen sind fröhlich, aber es ist keine Gehässigkeit.
An der Arena hängen riesengroß zwei Porträts: Eines zeigt den Nationalspiegel Ballack, der heute nicht mitspielt. Auf dem anderedn sieht man einen Jungen, wahrscheinlich Araber, vielleicht 12 Jahre alt. Er soll wohl das Verbindene symbolisieren. Das Schöne an der Stimmung hier ist die Friedfertigkeit, selbst türkische Jungs tragen Trikots der deutschen Mannschaft, Schwarze mit Mützen in den Bundesfarben , genau so soll ein Sportfest sein: Fröhlich, friedlich, verbindend, nicht ausgrenzend. Es wäre schön, wenn die ganze WM so laufen würde, dann wäre es wirklich ein Fest unter Freunden.
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