Hitlers Reichskanzlei in 3D

Seit Kurzem ist es möglich, die NS-Reichskanzlei zu besichtigen. Dieser große Gebäudekomplex wurde zwar in den letzten Monaten des Kriegs zerstört, die Ruinen später abgeräumt. Dass man heute trotzdem noch einen visuellen Eindruck davon bekommt, wie die Machtzentrale der Nazis auch von innen aussah, ist Christoph Neubauer zu verdanken. Er begann bereits 2003 mit dem Aufbau eines Archivs zur Neuen Reichskanzlei und ihrer unmittelbaren Umgebung, trug über 30.000 Dokumente, Bauakten und Fotos zusammen. Daraus wird seitdem das 3D-Projekt „Die Reichskanzlei“ erstellt. Sie hat zum Ziel, die Baugeschichte aller ihrer Gebäudeteile sowie aller ihrer Vorgängerbauten und die direkte bauliche Umgebung dieser Gebäude bildlich darzustellen.

Die Raumaufteilung, vor allem aber die Fassade inkl. vieler Details werden als realistische Grafiken vorgestellt. Man lernt dabei die NS-Zentrale auf eine ungewohnte Art kennen. Mehr als die Front zur Voßstraße sowie der sogenannte Führerbunker war bisher kaum bekannt. Nun aber gibt es Einblicke in die vielen Verzweigungen des Komplexes, alle Abbildungen werden zudem mit weiterführenden Informationen erklärt. Mir war z.B. neu, dass der Bunker nicht komplett im Garten versenkt errichtet wurde, sondern bereits unter dem säulenbestückten, hohen Speisesaal der Kanzlei begann. Man lernt auch, dass der Eingang zur „Führerwohnung“ offenbar nicht von SS-Leuten, sondern von zwei großen Topfpflanzen flankiert wurde. Zudem gibt es Einblicke in den Garten mit dem großen Wasserbecken und auf die Orangerie, die in der Erinnerung an die Reichskanzlei sonst praktisch nie vorkommt. Und sogar eine Tiefgarage gab es unter dem Komplex.

Neben der Neuen Reichskanzlei, dem Bunker und der Alten Kanzlei aus dem 18. Jahrhundert wird auch die direkte Umgebung vorgestellt, die Wilhelm-, Voß- und die Ebertstraße (damals Hermann-Göring-Straße). Am Wilhelmplatz (heute Zietenplatz) wird das Propagandaministerium von Goebbels gezeigt, in dem sich jetzt das Bundesarbeitsministerium befindet. Außerdem das alte Hotel Kaiserhof, der ersten Berliner NSDAP-Zentrale. An deren Stelle steht heute die Botschaft Nordkoreas.

Das Besondere an diesem Projekt ist, dass es die bereits online veröffentlichten Bilder in zwei Variationen gibt: Einmal als einfache Abbildung, daneben aber auch als 3D-Version, für deren Betrachtung eine spezielle Brille benötigt wird, wie man sie aus Kinos kennt. Wer berlingeschichtlich interessiert ist, für den ist dieses Projekt ein Muss.

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