Zuhälter im Taxi

Die große Zeit der Zuhälter ist in Berlin längst vorbei. Namen wie Klaus Speer, „Holzi“ Termer oder Hans Helmcke kannte von den 1960ern bis in die Achtziger hinein jeder Polizist in West-Berlin. Straßen standen für Reviere, Potsdamer, Lietzenburger und Stutti waren die Zentren der Prostitution und damit auch der Zuhälter. Sie kontrollierten ihre Läden und manchmal gab es gewalttätige Auseinandersetzungen, die öfters auch mit Toten endeten. Die Männer standen offen vor ihren Läden, fuhren vor aller Augen mit ihren dicken amerikanischen Autos durchs Revier, sie waren wie die Paten in einem Mafiafilm.

In Berlin ist das alles Geschichte, jedenfalls in diesem Stil. Noch vor einigen Jahren gab es an der Oranienburger Straße mal Auseinandersetzungen, in die die Rockergruppen Bandidos und Hells Angels verwickelt waren sowie eine russische Gang. Und natürlich gibt es noch die Menschenhändler, die Frauen zur Prostitution zwingen, sie sind aber in der Öffentlichkeit nicht sichtbar.

Selten habe ich heute mal einen der „alten“ Zuhälter im Taxi, vielleicht einmal jährlich. Dafür waren es kürzlich gleich vier.
Sie waren sehr massig, passten kaum ins Auto hatten aber wenigstens gute Laune. Offenbar waren zwei von ihnen aus Hamburg, das war nicht zu überhören und wurde auch aus ihren Gesprächen deutlich. Der neben mir aber war ein echter Berliner: „Wedding, Bellermannstraße. Allet klar, oder?“
„Klar, ist ja noch heute ne sehr feine Gegend“, sagte ich und musste grinsen. (Für Nicht-Berliner: Das ist ein Kiez, in dem manche Taxifahrer ihr Schild ausschalten, aus Angst vor den Fahrgästen dort.)
Er lachte laut auf, alles erinnerte an Bud Spencer, nur größer, breiter, lauter.

Auch wenn sich das merkwürdig anhört: Ich habe mit Zuhältern im Taxi bisher nur gute Erfahrungen gemacht. Einer wollte mich vor Jahren mal als privaten Fahrer anwerben was ich aber abgelehnt habe.

Ich bin nicht naiv, natürlich sind diese Leute nicht besonders freundlich oder einfühlsam, besonders wenn es ums Geld geht. Aber fast immer treten sie kumpelhaft auf, sind nicht arrogant gegenüber mir als Dienstleister und noch nie habe ich weniger als 10 Euro Trinkgeld bekommen. Einige Male sogar deutlich mehr.
Dass mit „ihren“ Frauen genauso korrekt umgehen, ist vermutlich die Ausnahme, Zuhälter sind keine Engel. Und wenn ich die Gespräche höre, bin ich auch froh, nicht enger mit ihnen zu tun zu haben. Trotzdem ist es von meiner Position aus nicht unangenehm, sie im Taxi zu haben. Ich habe da schon ganz andere Erfahrungen gemacht mit Herrenmenschen, die fein tun, in Wirklichkeit aber arrogante Arschlöcher waren. Beides sind Leute, mit denen man zwar nicht befreundet sein möchte, aber bei den Luden weiß man wenigstens ehrlich, woran man ist.

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2 Kommentare

  1. Stimmt! Man wird als arbeitender Mensch immer mit Respekt und auf Augenhöhe behandelt. Vielleicht weil wir etwas tun, was diesen Herren verwehrt ist, ehrlich arbeiten. Im Grunde sind sie doch auch nur kleine Kinder die spielen. So wie alle Menschen. Wirkliche (Glücks-)Spieler sind auch wunderbar. Da kann man am Trinkgeld immer ablesen ob sie gewonnen oder verloren haben. Umso mehr sie VERLOREN haben, umso mehr Trinkgeld geben Sie! Paradox? Nein!
    (Deinen Text bitte noch einmal durchlesen.)

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