Perspektive?

Derzeit bricht vieles zusam­men, Firmen gehen pleite, immer mehr Menschen werden entlas­sen, sichere Wahr­hei­ten mutie­ren zu Unsi­cher­hei­ten. Noch vor einem Jahr florierte die Wirt­schaft, die Arbeits­lo­sen wurden weni­ger, Kata­stro­phen-Prophe­ten fand man vor allem in extre­mis­ti­schen Chris­ten­krei­sen. Nun aber steht vieles auf der Kippe. Während die einen noch für 8 Prozent mehr Lohn strei­ken, werden die ande­ren schon entlas­sen. Wer nach einem halben Jahr keinen Job findet, muss seine Wohnung wech­seln, falls die alte auch nur einen halben Quadrat­me­ter zu groß ist.
Dabei geht es uns in Deutsch­land noch rela­tiv gut, im Verhält­nis zu Island, Osteu­ropa oder auch den USA. Hartz IV erscheint plötz­lich in ande­rem Licht, das einem ausrei­chend Essen und ein Dach über’m Kopf sichert. Der deut­sche Sozi­al­staat ist einer der besten auf der ganzen Welt, und die Regie­ren­den wissen auch, warum sie ihn nicht aufge­ben soll­ten. Nur diese rela­tive Absi­che­rung der Bürger verhin­dert, dass sie in nennens­wer­tem Umfang aufbe­geh­ren. In Groß­bri­tan­nien muss­ten Poli­ti­ker und Fonds­ma­na­ger bereits um ihr Leben rennen, in eini­gen Ländern Osteu­ro­pas drohen bereits Hungers­nöte und damit Massen­auf­stände.
Wie aus dem Nichts hat eine Entwick­lung begon­nen, von der noch nicht abseh­bar ist, wohin sie führt. 20 Jahre nach dem Zusam­men­bruch des sozia­lis­ti­schen Blocks hat nun auch der  Kapi­ta­lis­mus bewie­sen, dass er in dieser Form die Menschen nicht dauer­haft ernäh­ren kann — was in vielen Ländern Afri­kas schon längst offen­sicht­lich war, schlägt nun auch in den Indus­trie­staa­ten durch. Der soge­nannte freie Markt hat versagt, nun ist auch er in Gefahr, zu verschwin­den. Wie schnell Gesell­schafts­sys­teme zusam­men­bre­chen können, haben wir 1989/90 gese­hen, niemand soll mehr behaup­ten, das könnte dem kapi­ta­lis­ti­schen System nicht passie­ren.

Nach dem Zusam­men­bruch der Banken und der Schlie­ßung vieler Indus­trie­be­triebe wird die Arbeits­lo­sig­keit auf ein nie gekann­tes Maß stei­gen. Die Staa­ten werden reihen­weise bank­rott gehen, Rent­ner, Kranke, Arbeits­lose erhal­ten keine Unter­stüt­zung mehr. Damit ist die Grenze über­schrit­ten, die Verzwei­fel­ten werden sich nehmen, was sie brau­chen. Die schi­cken Haus­fas­sa­den werden große Löcher bekom­men, ob in der Fried­rich­straße oder am Kanz­ler­amt.
Nach der Wirt­schaft bricht die gesell­schaft­li­che Ordnung zusam­men, das Chaos wird von bewaff­ne­ten Grup­pen genutzt, die ihre eige­nen Regimes durch­set­zen werden. Die Schwächs­ten über­le­ben das nicht. Als Resul­tat gibt es vor allem Länder ohne staat­li­che Einheit, wie einst die Fürs­ten­tü­mer sind dann große Gebiete in der Hand von regio­na­len Herr­schern, von Warlords.
Da diese Entwick­lung welt­weit erfolgt, verfü­gen bald auch kleine Mächte über Massen­ver­nich­tungs­waf­fen. Mit der Zündung von Atom­bom­ben werden die meis­ten dicht­be­sie­del­ten Gebiete und ihre Einwoh­ner vernich­tet oder verstrahlt. Übrig blei­ben dieje­ni­gen, an denen die Invest­ment-Wahn­sin­ni­gen nie ein Inter­esse hatten. In Afrika, wo einst die ersten Menschen lebten, wird es dann viel­leicht auch die letz­ten geben.

Even­tu­ell geht es aber auch in eine andere Rich­tung. Nach dem Zusam­men­bruch des Systems finden sich genü­gend Menschen mit Verant­wor­tungs­ge­fühl, die Alter­na­ti­ven zu Kommu­nis­mus und Kapi­ta­lis­mus erar­bei­ten und einer brei­ten Masse der Bevöl­ke­rung nahe­brin­gen. Perspek­ti­ven für eine mensch­li­che Gesell­schaft, in der weder das Geld, noch irgend­eine Partei das Sagen hat. Ein System, das auf Massen­ver­nich­tungs­waf­fen verzich­tet, auf Unter­drü­ckung ande­rer Meinun­gen, auf die Ausbeu­tung der Menschen, auf maßlose Gier.
Am Ende steht dann mögli­cher­weise eine Gesell­schaft, die ökolo­gisch und soli­da­risch ist. Wenn dies das Ergeb­nis wäre, hätte ich über­haupt nichts gegen den Zusam­men­bruch des jetzi­gen Systems.

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