Berlin war nicht nur das Zentrum des NS-Staates, sondern auch des jüdischen Lebens in Deutschland. Rund ein Drittel der deutschen Juden lebten in unserer Stadt. Und so war die Zahl derjenigen, die von hier aus den Weg in die Gaskammern von Auschwitz und Treblinka antraten, besonders hoch. Rund 55.000 Berliner wurden deportiert, die meisten von ihnen in den Konzentrationslagern und Ghettos ermordet.
Zuvor mussten sie sich in einer der drei Sammellager im Wedding, in Mitte oder Moabit einfinden. Wer nicht freiwillig kam, wurde von der Gestapo abgeholt. In einigen Monaten liefen fast täglich Gruppen von rund 1.000 Jüdinnen und Juden durch die Stadt zu den Deportationsbahnhöfen Moabit und Grunewald. Tagsüber, vor aller Augen.
Der Weg in den Holocaust führte über Berliner Straßen, quer durch die Wohnviertel. Daran wollte der Berliner Verein “Sie waren Nachbarn” erinnern, als er im Jahr 2013 erstmals einen dieser Wege kennzeichnete. Vom Sammellager in der Levetzowstraße zum Güterbahnhof Moabit sind es etwa zwei Kilometer. Diese Strecke sollte dauerhaft erkennbar gemacht werden, beispielhaft für alle Deportationswege in Berlin. 2018 kamen weitere Initiativen und Menschen dazu, das Netzwerk “Ihr letzter Weg” wurde gegründet. Und auch der Bezirk Mitte konnte gewonnen werden. Er organisierte und finanzierte einen künstlerischen Wettbewerb, der vor einigen Tagen zu Ende ging und dessen Ergebnis noch aussteht. 70.000 Euro wurden für den Wettbewerb veranschlagt, die Realisierung schätzte er auf 450.000 EUR. Dieses Geld sollte über Lottomittel bereitgestellt werden. Doch der Lotto-Stiftungsrat hat nun eine andere Entscheidung getroffen. Das Gremium, in dem der Regierende Bürgermeister, mehrere Senatoren und Abgeordnete sitzen, hat jetzt 20 Millionen Euro an verschiedene Projekte vergeben. Die Erinnerung an die Deportationswege ist nicht dabei.
Ein Vertreter des Netzwerks bedauert, dass “nach den faschistischen Morden von Halle, Hanau und Kassel, den rechtsextremen Aufmärschen in Berlin und über 70 Nazi-Anschlägen allein in Neukölln” kein einziges Projekt unterstützt wird, das antifaschistische Arbeit leistet. Dabei ist es auch heute wieder nötig, nicht wegzuschauen, sich einzumischen und Stellung zu beziehen gegen den Rechtsextremismus.
Derzeit ist völlig unklar, woher das Geld für eine Sichtbarmachung des Deportationswegs kommen soll.
Es sieht so aus als müßte erst wieder was schreckliches geschehen um die Politiker wach zu rütteln. Sie selber werden alle bedroht aber das reicht wohl nicht um an diese furchtbare Zeit zu erinnern.