Sie sagen: “Im Krieg”

Warum sagt man eigent­lich immer “im Krieg”, wenn man doch die Zeit des Faschis­mus’ meint? Mal abge­se­hen davon, dass nur in einer Hälfte der Nazi­zeit Krieg war, fragt sich doch, wieso der Krieg als das große Übel gilt, nicht die Ursa­che, also der Faschis­mus. “Hitler heißt Krieg”, sagten die Linken, schon bevor Adolf Hitler zum Reichs­kanz­ler ernannt wurde. Sechs Jahre später bewahr­hei­tete sich diese Aussage.

Jeder hat gese­hen, dass es die natio­nal­so­zia­lis­ti­sche Poli­tik war, die den Krieg provo­zierte. Doch zu Kriegs­be­ginn 1939 gab es bereits seit sechs Jahren den Rassen­wahn, Anti­se­mi­tis­mus in allen gesell­schaft­li­chen Berei­chen. Jeder wusste, dass die Juden völlig entrech­tet waren, dass poli­tisch Anders­den­kende in den Konzen­tra­ti­ons­la­gern verschwan­den, dass Parteien, Gewerk­schaf­ten und andere Massen­or­ga­ni­sa­tio­nen verbo­ten waren. Doch all das war anschei­nend nicht ausrei­chend, um als poli­ti­sche Kata­stro­phe gese­hen zu werden. Erst als man selbst betrof­fen war, als in Berlin die Luft­schutz­si­re­nen heul­ten und die ersten Bomben ihr Ziel in der Reichs­haupt­stadt fanden, begann für die meis­ten Bürger die schlimme Zeit. Was scherte sie das Schick­sal Millio­nen Juden und Nazi­geg­ner? Selber schuld?

Selbst heute, viele Jahr­zehnte danach, erzäh­len alte Menschen noch immer vom “Zusam­men­bruch” und davon, dass “wir” den Krieg verlo­ren hätten. Na gut, viele von denen gibt es nicht mehr. Ich mache mir Gedan­ken, ob dies wirk­lich alles Nazis oder Mitläu­fer waren, oder ob sie einfach Igno­ran­ten, viel­leicht aus Angst. Aber dann könn­ten sie heute anders reden. Ich will nieman­dem vorwer­fen, wenn er Angst hatte und deshalb den Mund gehal­ten hat. Aber so zu tun, als wäre nur der Krieg das eigent­li­che Übel gewe­sen und nicht die Partei und ihr Führer, die die Kriegs­po­li­tik gemacht haben, ist dumm und falsch. Zumal viele nicht mal gegen den Krieg waren, sondern nur dage­gen, ihn zu verlie­ren. Ich glaube, die meis­ten haben damals nicht gelernt. Und deshalb bin ich froh, erst viele Jahre nach dem Ende des Faschis­mus gebo­ren zu sein.

Foto: Bundes­ar­chiv, Bild 183-J31346 / CC-BY-SA 3.0

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