Kein Regenbogen

Es kommt schon vor, dass man als Taxifahrer in der Nacht von Fahrgästen das Angebot bekommt, „doch noch auf einen Kaffee mit nach oben zu kommen“. Klar, dass es da weniger ums Kaffeetrinken geht. Solche Avancen werden mir mindestens einmal im Monat gemacht, von Frauen wie von Männern, dabei bin ich wirklich nicht der Schönste. Aber das sieht man ja im dunklen Auto nicht.
Meist bleibt es bei vorsichtigen Andeutungen, ab und zu muss ich auch mal eine Hand von meiner Schulter schieben. Doch manche Fahrgäste haben scheinbar eine solch sexuelle Flaute, dass sie jede Vorsicht fallen lassen und ganz direkt fragen. Das ist okay, dann kann man immerhin „nein“ sagen. Besonders dreist war jedoch ein Mann, den ich aus einer Schöneberger Gaybar abgeholt habe. Auf dem Weg nach Neukölln fing er neben mir plötzlich an, seine Hose zu öffnen und an sich herumzuspielen. Ich bremste und schrie ihn an, dass er sofort aufhören soll. Als ich ihn raus schmiss weigerte er sich zuerst, die Fahrt zu bezahlen. Ich bot ihm an, über Funk ein neues Taxi zu bestellen und dabei zu sagen, wieso ich ihn nicht mehr befördern wollte. Damit war er aber auch nicht einverstanden, er zahlte dann aber und verschwand.
Normalerweise lasse ich mich auf eindeutige Angebote meine Kunden nicht ein. Manchmal würde ich einem aber selbst Avancen machen, doch da ich niemanden bedrängen will, lasse ich es natürlich sein. So war es auch heute Nacht. Am Kaiserdamm winkte mich ein junger Mann. Als er neben mir saß, konnte ich sein freundliches Gesicht sehen, auf dem Weg nach Schöneberg gefiel er mir immer besser: Sein hübscher großer Körper, seine schöne Stimme, sein Lachen. Die Fahrt war viel zu schnell zu Ende und ich ließ ihn seiner Wege ziehen – ohne Frage, ohne Andeutung. So ist das eben, im Taxi und im Leben.

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