Tagesspiegel-Karikaturist bedroht

Der soge­nannte Kari­ka­tu­ren­streit hat nun auch Berlin erreicht. Am 10. Februar veröf­fent­lichte der Tages­spie­gel eine Kari­ka­tur des Zeich­ners Klaus Stutt­mann, die irani­sche Fußball­spie­ler bei der WM mit Spreng­stoff­gür­tel zeigt. Sofort began­nen die Angriffe gegen ihn, Stutt­mann erhielt Mord­dro­hun­gen und musste seine Wohnung nun aus Sicher­heits­grün­den verlas­sen.

Was war passiert? Ein Zeich­ner veröf­fent­licht ein Bild, eine Kari­ka­tur. Kari­ka­tu­ren sind Satire, also über­spitzte Meinungs­äu­ße­run­gen, meist mit einem ironi­schen Unter­ton. Solche Bilder sind mal mehr und mal weni­ger geschmack­voll, aber sie lenken den Blick auf eine Facette oder eine Meinung zum entspre­chen­den Thema.
Leider wird Ironie von Extre­mis­ten jegli­cher Rich­tung gleich als Angriff betrach­tet. Egal, ob es sich um poli­ti­sche, reli­giöse oder andere Extre­mis­ten handelt. Extre­mis­mus beinhal­tet die gene­relle Ableh­nung von allem, was anders ist, als man selbst. Inso­fern geht es beim “Kari­ka­tu­ren­streit” auch gar nicht um die Darstel­lung, sondern die andere Meinung, die die Kari­ka­tu­ris­ten vertre­ten. Sie sollen mund- oder ganz tot gemacht werden, weil sie es wagen, z.B. den isla­mi­schen Extre­mis­mus zu kriti­sie­ren oder sich über ihn lustig zu machen. Zuerst hatten sich inter­es­sierte Kreise über die Darstel­lung ihres Gottes empört, in der Tages­spie­gel-Kari­ka­tur geht es jedoch ledig­lich um Fußball­spie­ler. Sie die nun auch schon “heilig”?
Ein wenig verwun­dern die Proteste schon. Es handelt sich ja nicht um eine Belei­di­gung des Islam im Allge­mei­nen, sondern um eine Kritik des reli­giö­sen Extre­mis­mus und Terro­ris­mus.

Unab­hän­gig davon sollte es jedem selbst über­las­sen blei­ben, woran er glaubt und wonach er lebt. Dass Muslime kein Bild­nis ihres Gottes zeich­nen möch­ten, ist ihr gutes Recht. So wie die Chris­ten sich das Recht nehmen, einen halb­nack­ten Mann anzu­be­ten, der an ein Kreuz gena­gelt ist. Reli­gion hat etwas mit Glau­ben zu tun, es ist eine persön­li­che und private Sache. Niemand hat das Recht, ande­ren die eigene Reli­gion und deren Gesetze aufzu­zwin­gen.
Reli­gion ist außer­dem etwas, das man durch­aus kritisch betrach­ten kann. Ein Mittel der Kritik ist die Satire. Natür­lich soll Satire nicht belei­di­gen, aber wer seine Schmoll­grenze derma­ßen eng zieht, braucht sich nicht zu wundern, wenn er über­all Feinde sieht.
Im Übri­gen sollte sich gerade die Regie­rung des Iran mit Klagen zurück­hal­ten: In den vergan­ge­nen Wochen drohte sie Israel und den Juden mehr­fach mit der Vernich­tung. Es geht hier also tatsäch­lich nicht um die Belei­di­gung einer Reli­gion, sondern allein um das Recht der Meinungs­äu­ße­rung. Und in diesem Zusam­men­hang muss Satire ein Mittel der Kritik sein können.

Klaus Stutt­mann erklärte während­des­sen, dass er nieman­den belei­di­gen wollte, zumal sich die Kari­ka­tur gar nicht gegen die Iraner rich­tete: “Ich wollte damit zeigen, wie absurd die Idee ist, die Bundes­wehr bei der WM einzu­set­zen, nicht dass die Iraner Terro­ris­ten sind.” Trotz­dem erhielt er inner­halb weni­ger Tage hunderte Hass-Mails (“Nazi”, “Hitler”, “Mother­fu­cker”) sowie mehrere Mord­dro­hun­gen. Eines haben die Extre­mis­ten nun schon erreicht: “Die Selbst­zen­sur ist in vollem Gang. Man muss zwei­mal über­le­gen, wer sich wodurch verletzt fühlen könnte. Man muss aufpas­sen, dass nicht wieder alles explo­diert.”
Umso wich­ti­ger ist es, auf das Recht der Meinungs­äu­ße­rung und Kritik zu bestehen.

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